Werbung
,

Erwin Bohatsch: o.T: Über das Schöne

Der Verfasser dieser Zeilen bekennt, daß er die Bilder, die Erwin Bohatsch in der Wiener Galerie Charim präsentiert, schön findet. Er findet sie nicht hübsch, er findet sie nicht interessant, er findet sie nicht dekorativ. Er findet sie schön. Die Schichtungen, die Ondulierungen, die Abstufungen der Farbe, das Verhältnis von Breite zu Höhe oder von Glanz und Mattheit auf der Oberfläche: Derlei Phänomene führen dazu, daß dieser Text um eine Begrifflichkeit kreist, in deren Zentrum das Wort \"schön\" steht. Bohatschs jüngste Werke schön zu finden, ist Geschmackssache, mag die Leserschaft einwenden. Und über Geschmack läßt sich ja bekanntlich nicht streiten. Wenn dies so richtig wäre, dann würde sich jeder Einwand gegen eine Geschmacksäußerung erübrigen. Also steckt darin ein Widerspruch: Wenn man das alte \"de gustibus non est disputandum\" anführt, dann hat man den Satz schon dementiert. Bohatschs jüngste Werke schön zu finden, ist die Routine eines Schreibers, dem sonst nichts einfällt, mag die Leserschaft einwenden. In der Tat ist \"schön\" das ehrwürdigste ästhetische Kriterium und findet sich in der Antike wie im Mittelalter. Thomas von Aquin etwa verfügte, daß Schönheit von drei Merkmalen charakterisiert ist: von Klarheit, Ganzheit und von Proportion. Das klingt, als hätte er Bohatsch im Visier gehabt. Bohatschs jüngste Werke schön zu finden, ist ein weiterer Versuch aufzutrumpfen und seine hegemonialen Gelüste durchzusetzen, mag die Leserschaft einwenden. Hegemonial wäre es vermutlich eher, das, was Bohatsch macht, zu Kunst zu erklären. Doch ausnahmsweise reden wir vom Schönen, von jener Eigenschaft, die längst aus dem Kriterienkatalog für Kunst verbannt ist. Schönheit steht also völlig quer zu dem, was in der ästhetischen Diskussion momentan en vogue ist. Schönheit ist so gesehen gerade heute subversiv. Diese Erkenntnis wiederum ist so alt wie die Moderne. Es sieht ganz so aus, als hätten wir uns völlig verheddert mit dem Gerede über das Schöne. Wahrscheinlich müssen wir noch einmal darüber nachdenken. Erwin Bohatschs nächste Ausstellung wird den willkommenen Anlaß liefern.
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Erwin Bohatsch: o.T
23.11.2001 - 02.03.2002

Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: