
BK FOTO #2: DU wurdest ausgewählt
Ein mechanisches Surren kündigt es an, dann segelt das nächste Meisterwerk hinab in das Becken. Der "Bilderpool", den die Bilddatenbanken von Institutionen wie der Universität für angewandte Kunst bilden, ist hier wörtlich genommen. Metaphorisch ergibt sich die Möglichkeit, einzutauchen in die Kunstgeschichte, in eine Kunstgeschichte natürlich. Denn jede Geschichte unterliegt ihrer Erzählung, und so auch die der Kunst, und weil gerade auch in diesem Feld die Erzählung lange Zeit, und bis heute, durch systemische Exklusivität und die Behauptung von Normativität ausgezeichnet war, ist es nötig, hier etwas zu machen.
Zum Beispiel, indem den Leuten die Möglichkeit gegeben wird, ihre Kunstgeschichte-cum-Sammlung-cum-Ausstellung selbst zu kuratieren. Ein Thermodrucker spuckt also tröpferlweise den Kunstkanon als selbstklebende S/W-Reproduktionen aus, die gegen ein kleines Entgelt in einem Sammelalbum frei kombiniert werden können, womit nicht nur der Ausstellungskatalog ersetzt wird, sondern auch die Kunstgeschichte neue Lese- und Erzählweisen erfährt und, was die Herzen wirklich höher schlagen lässt: Die neu geschaffenen Sammlungen können gleich mit heimgenommen werden.
Hier steht Blasphemie gegen Emanzipation, wobei so skandalös das Ganze nicht ist. Ein wenig routiniert, und akademisch reflektiert, also souverän, wird auf die Problematik kanonischer Kunstgeschichtserzählung einerseits und der Kommodifizierung von Kunst andererseits Bezug genommen. Spielerisch, ja, und effektvoll, und smart. Eingerechnet ist bestimmt auch das Misstrauen vor der Aneignung nicht nur der verdienten Werke, sondern auch des kapitalistischen Reflexes, der sie zur Ware macht und des Versprechens individueller Freiheit und Gestaltungsmacht.
Offen bleibt, ob die Vorbildfunktion der referierten Bilddatenbank Image positiv gedeutet wird - immerhin schöpft jeder wie auch immer individualisierte Katalog der Ausstellung aus diesem Bilderpool - oder als zu überkommende Struktur verstanden ist, deren Reproduktion in der Ausstellung allerdings zynisch wäre. Dass Image nicht starr ist, sondern in einem dezentral orientierten Ansatz den Nutzer:innen die Möglichkeit bietet selbstständig zur Erweiterung beizutragen, bleibt unerwähnt.
Aus dieser verdeckten Offenheit ergeben sich letztlich Fragen: Wird wirklich eine, wenn auch nur symbolische, Emanzipation angestrebt? Wieso aber beschränkt man sich dann darauf, diesen Ur-Pool Image nur neu zu interpretieren und zu fügen und geht nicht gleich seine Erweiterung an? Oder ist das Ganze als bittere Kritik gedacht, die das von ihrem Begehren gepackte Publikum zu unwillentlichen Kollaborateuren macht und auflaufen lässt? Fast wäre einem Letzteres lieber.

08 - 17.06.2023
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