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Le Formiche di Mida – Edgar Honetschläger erzählt...

In seinem neuesten Film „Die Ameisen des Midas“ entführt Edgar Honetschläger nicht einfach nur in die mythologische Geschichte von König Midas, um in Erinnerung zu rufen, dass man Gold nicht essen kann. Jener verdankte der Sage nach sein Überleben als Kind den ihn fütternden Ameisen. Diese Geschichte wurde sicher den heutigen Ameisen von ihren Vorfahren überliefert. Ihr Aufreger des Tages  im Film: Das Anthropozän! Diese aktuelle menschliche Verrücktheit, sich einzubilden mit Natur und Leben nach Belieben alles machen zu können als hätte die Menschheit die Welt erschaffen.

Der Titel könnte genügen, um das Gleichnis über Gier und Dummheit jenes Königs zu triggern, ggf. zu Selbstreflexion anzugeregen und damit gut. Edgar Honetschläger ist aber zu betroffen von der zunehmend misslichen Lage der Welt. Angesichts der Doppel-Katastrophe von Fukushima 2011 verließ er seinen langjährigen Lebensmittelpunkt Japan und begründete eine neue Wahlheimat in Tarquinia, ein Stück nördlich von Rom. Es geht ihm ums Verstehen der Lebensgrundlagen und um angemessenes Handeln als Einzelne/r und als Kollektiv. Wobei zum umfassenden Verstehen das Mitfühlen immer wesentlicher wird.
 Als Künstler legt er nun andere Maßstäbe an sein Schaffen hinsichtlich Wirkung und Nutzen von Werken.*) Insofern konstatiert er, bezogen auf sein Projekt Go Bugs Go: „Wenn Marcel Duchamp einen gewissen Gegenstand als Kunstwerk deklarierte, so wird jetzt durch Go Bugs Go (--> siehe die artmagazine Kritik) ein bestimmtes Gebiet als non-human zone definiert und zum eigendynamischen Kunstwerk erklärt.“ Und er pfeift quasi auf Künstler-Autorschaft, obwohl es sein Ding ist und er treibende Kraft dahinter, aber es wird durch viele Mitschaffende ermöglicht, und er hätte auch kein Problem mit Kopien – ganz im Gegenteil.

Als Filmemacher vernetzt Honetschläger in Midas Ameisen mehrere Narrative über den Umgang mit Welt quer durch die Jahrtausende und Kulturen: mythologische Vorstellungen über Weltuntergang und Rettung, die ihm nun vertrautere Geschichte bzw. Gegenwart von Lazio, dem ehemaligen Gebiet der Etrusker. Einzelne Protagonisten agieren ihren Mentalitäten, Erwartungen und Sachzwängen gemäß, was sie unwillkürlich zu Kontrahenten macht im Ringen um einen Paradigmenwechsel. Dies umso mehr, als außer den eingangs erwähnten Ameisen auch der weise flüsternde Esel Balthasar und eine sanfte Dryade mit ihren Kommentaren und Ansprüchen einen animistisch-sinnlichen Gegenpol bilden. Die verschiedenen Stimmen und der Klangfluss der italienischen Sprache sind gewissermaßen Bestandteil des fein abgestimmten Soundtracks. Tatsächlich sind die Sprecher- und Darsteller:innen Personen, die in der Gegend leben und zum Bekanntenkreis Honetschlägers gehören. In der malerischen Landschaft Mittelitaliens, trotz nüchterner Faktenlage bezüglich Land-Bewirtschaftung, fließen all diese Ansichten und Einsichten zusammen zu einer geschmeidigen Parabel, die neben wunderbaren Zitaten und Denkanstößen auch mit Sätzen wie: „Wenn Adam ein Chinese gewesen wäre, hätte er nicht den Apfel von Eva gegessen, sondern die Schlange!“ aufwarten kann.

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*) Was Edgar Honetschläger nicht hindert, weiterhin Malerei auf Leinwand zu betreiben; zu sehen bis 27. Mai in der --> Galerie Charim Wien.

Vorführungen im Stadtkino Wien
9. Mai (mit Gespräch mit Regisseur Edgar Honetschläger), 14. Und 15. Mai
--> Vorstellungen « Stadtkino Wien

Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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