/imagine: Eine Reise in die Neue Virtualität: Digitale Intelligenz für eine analoge Zukunft
Auch wenn es in letzter Zeit wieder etwas ruhiger um das so gehypte Metaverse geworden ist, wird das Computer-gestützte Entwerfen in Architektur und Design immer wichtiger – und immer fantasievoller. „Stell dir vor“, die Fähigkeit zur Imagination von bislang nicht Gesehenem, hatten wir bislang für eine genuin menschliche Fähigkeit gehalten. Doch seit kurzem erleben wir eine rasante Entwicklung von Bildgeneratoren, die mittels künstlicher Intelligenz ganze Welten entstehen lassen können. Mit der Eingabe des Befehls /imagine: wird etwa der Berechnungsprozess im KI-Bildgenerator Midjourney gestartet. Das MAK sezt sich in der gleichnamigen Ausstellung mit dieser „neuen Virtualität“ und ihrem Nutzen für Gestaltungs- und Planungsprozesse auseinander.
Gleich Beginn betritt man eine virtuelle Stadt, die für die gesamte Bevölkerung der Erde geschaffen wurde, um dem Rest des Planeten Zeit zur Erholung zu geben. Liam Young, Filmemacher und spekulativer Architekt hat sich bei der Gestaltung seiner Planet City allerdings nicht nur auf die utopische Architektur beschränkt, sondern sich intensiv mit der technischen Machbarkeit der Versorgung der Bewohner:innen mit Nahrungsmitteln und Energie auseinandergesetzt, und das alles ohne dystopische Endzeitfantasie. Knapp zweieinhalb Mal die Fläche Österreichs würde, entsprechend bebaut, ausreichen, um den Plan umzusetzen.
Dazu passt das Projekt „The Farmhouse“ des heimischen Studio Precht, das landwirtschaftliche Produktion in die Vertikale eines Wohngebäudes bringt. Die futuristischen Entwürfe des Salzburger Architekturbüros sind liebevoll und detailliertest ausgearbeitete Visualisierungen einer nachhaltig geplanten Zukunft.
Ursprünglich nur als 3D-Rendering gedacht war eigentlich der Hortensia Chair von Andrés Resinger. Erst nachdem es immer mehr Anfragen nach einem real besitzbaren Möbel gab, konnte nach langen Recherchen der Textildesignerin Júlia Esqué der Sessel wirklich hergestellt werden.
Dabei steht bei /imagine: die reale Umsetzung der Entwürfe gar nicht im Vordergrund. Im Vordergrund stehen spekulative Forschungsprojekte und Visualisierungen wie das Doghouse von SPAN (Matias del Campo & Sandra Manninger), ein 3D-Druck der auf Visualisierungen basiert, die in Midjourney erstellt wurden. Spielumgebungen findet man in den Projekten _Spaces von iheartblob und im Abyssinian Cyber Vernaculus von Miriam Hillawi Abraham. Ersteres ist eine mehr oder weniger auf die Befriedigung des Spieltriebs ausgerichtete digitale Yellow Submarine Welt. Miriam Hillawi Abraham dagegen erzählt spielerisch die Geschichte der historischen Steinkirchen der Stadt Lalibela in Äthiopien und verpackt darin ihre Kritik an der ausbeuterischen Rolle westlicher Archäologie und patriachal-hegemonialer Geschichtsschreibung.
Einen ironischen Zugang zur Welt der digitalisierten Haushaltsgeräte zeigt Simone C. Niquille in ihrem Video HOMESCHOOL von 2019, in dem sie den Lernprozess eines Staubsauger-Roboters darstellt, dessen visuelles System trainiert werden muss, um Tische, Stühle und Menschen erkennen zu können um im Haushalt zu navigieren.
Es gibt noch eine Fülle von Bildern und Animationen, die unterschiedliche Möglichkeiten immersiver Welten und KI-unterstützten Gestaltens aufzeigen. Wie Kuratorin Marlies Wirth im Interview betont, bieten diese aber nur Hilfestellung in der Erschaffung und Erhaltung einer lebenswerten und umweltfreundlichen Welt. Die Entscheidungen dazu müssen Menschen jedoch ganz analog und in der Realität treffen.
10.05 - 10.09.2023
MAK - Museum für angewandte Kunst
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