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Margherita Spiluttini (1947-2023)

„Alles, was der Mensch räumlich konstruiert, ist für mich Architektur“, hatte Margherita Spiluttini für sich eine Definition gefunden und „reine Zweckbauten gibt es ebenso wenig wie die reine Natur.“
Früh hatte die Tochter eines Baumeisters im Pongau die steten Veränderungen der Umgebung ihrer Kindheits- und Jugendjahre geprägt. Insofern wundert es kaum, dass Architektur für sie bereits in den Steinbrüchen begann. Es ginge hierbei, erzählte sie in einem Gespräch, um eine „Ästhetik maschineller Rohstoffgewinnung“. Wenn hier durch Abbau und Dekonstruktion Leerräume geschaffen würden, entstehen anderswo durch Aufbau des Materials und Konstruktion neue Räume. Nichts würde hierbei verloren gehen. Bei Eingriffen in alpine Landschaften, die gemeinhin als der Inbegriff von Naturschönheit empfunden, wird jene Verzahnung von Natur und Technik besonders augenscheinlich.

In der Serie „Nach der Natur – Konstruktionen der Landschaft“ 2002 im Technischen Museum Wien erstmals präsentiert, beschäftigte sich die Künstlerin, mit dem Miteinander dieser beiden Pole, fotografierte Straßen, Brücken, Tunneleinfahrten, Staumauern, Lawinenverbauungen, Entlüftungsschächte ebenso wie Steinbrüche, jene architektonischen Eingriffe also, die der Natur nicht etwas hinzufügen, sondern etwas wegnehmen.
„Mich interessieren Tatsachen“. Unsentimental wie prägnant hielt Spiuttini jene Eingriffe fest, nie erscheinen sie in diesen Arbeiten als Eindringlinge, nie werden sie isoliert in das Blickfeld gesetzte, in der Weite der Areals sind sie schlicht das was sie sind: Teil der Landschaft, der Topografie, des Lebensraumes, einer gestalteten Welt. Es ist dies womöglich jene Serie, mit der die Autodidaktin mit der Erfahrung ihrer langjährigen Arbeit als Architekturfotografin, die Eindrücke festgehalten hat, die ihre frühen Jahre so geprägt hatten.

Nach der Geburt ihrer Tochter 1972, hatte Spiluttini, damals mit dem Architekten Adolf Krischanitz verheiratet, ihren Job als medizinisch technische Assistentin in der Radiologie des AKH aufgegeben und begonnen, ihren Alltag fotografisch zu dokumentieren. Es waren damals schon eher unsentimentale Notate dessen, was da ist und was im Haushalt getan werden muss. Es folgten Kurse und Workshops, erste Aufträge Bauten für einen Architekturführer zu fotografieren. Schritt für Schritt und mit klarem Blick arbeitete sich Spiluttini so an die Spitze der Europäischen Architekurfotografie, die nicht zuletzt wegen ihres Engagements zudem einen festen Platz in der Kunst & dessen Betrieb erlangt hat. Die Lister der Architekturbüros mit denen sie gearbeitete hatte ist lang wie prominent, ebenso trat sie als Vorstandsmitglied der Wiener Secession in Erscheinung. Als Margherita Spiluttini für ihre Arbeit 2016 mit dem Staatspreis für künstlerische Fotografie gewürdigt wurde, hatte eine MS-Erkrankung sie bereits an den Rollstuhl gefesselt. Ein Schicksal, das sie dazu veranlasste, sich eingehend mit ihrem 120.000 Dias umfassende Archiv auseinander zu setzen, das zu Lebzeiten als Vorlass an das Architekturzentrum Wien gegangen ist.

Wie am vergangenen Freitag bekannt wurde, ist Margherita Spiluttini am 3. März im Alter von 76 Jahren in Wien gestorben.
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Abbildung: Margherita Spiluttini bei der Verleihung des Staatspreises für künstlerische Fotografie im Jahr 2016.
Foto: BKA / Regina Aigner

Mehr Texte von Daniela Gregori

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