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SAMMELN HEUTE I

Sieben Arbeiten von Joseph Beuys, so wurde letzte Woche bekannt, sind aus einer Lagerhalle in Düsseldorf gestohlen worden. Die Diebe hätten laut Polizei die Originale entwendet und sie durch Fälschungen ersetzt.Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da der Zeitpunkt des Einbruchs sehr im Vagen liegt: Er muß irgendwann in den letzten zehn Jahren passiert sein. Ein Jahrzehnt ist es nämlich her, daß der Besitzer seine Schätze zum letzten Mal \"bewußt betrachtet\" habe. Für eine Ausstellung habe er sie nun wieder hervorholen wollen. Allein, nun sind sie weg. Angesichts dieser Geschichte stellen sich uns nun einige Fragen. Wieso, erstens, sammelt man, wenn man mit einer Mentalität wie oben beschriebener Kunst-Besitzer ausgestattet ist, ausgerechnet Beuys, wo doch gerade bei ihm und auch ganz ohne kriminelle Intervention das Fett jederzeit abzufließen und der Filz den Motten anheimzufallen droht? Wir würden eher zu Richard Serra raten. Wieso, zweitens, ist man überhaupt um künstlerische Hartware bekümmert, wo doch am besten und ruhigsten und unproblematischsten einfach Geld auf der Bank liegt? Wir würden ein Konto, etwa in Liechtenstein, empfehlen. Wieso, drittens, rückt man die Sachen für eine Ausstellung heraus, wo es doch im Grunde reicht, sich ihrer im Archiv des Ideellen zu erfreuen? Wir empfehlen die Haltung gewisser japanischer Millionäre, die die Werke mit ins Grab nehmen anstatt sie teuer zu horten. Andererseits lassen sich auch einige generelle Feststellungen treffen. Unser Sammler liebt offenbar \"die Kunst\" als Ganze; um die Bilder, die diese Kunst verkörpern, ist es ihm nicht so arg zu tun. Die Diebe dagegen haben sich die Mühe gemacht, Kopien anzufertigen; ihnen ging es eindeutig ums Dingliche am Werk. Im Grunde genommen ist also überhaupt nichts passiert: Anteilig hat nun jeder, worauf er erpicht ist. Daß nichts passiert ist, läßt sich auch daran ersehen, daß wer weiß wie lang niemand einen Schaden und auch niemand einen Nutzen bemerkt hat. Wenn das kein Ideal darstellt: Sammeln heute ? Sozialismus mit menschlichem Antlitz.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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