Werbung
,

Cecily Brown - The Spell: Masche für Moneten

Von der Malerei wie vom Sex heißt es, sie würden sich gut verkaufen. Umso besser, mag sich die seit langem in New York lebende, britische Künstlerin Cecily Brown (Jg. 1969) gedacht haben, wenn beides zusammenfindet. Entsprechend trifft sich in ihren aus zahllosen flirrenden Pinselstrichen kunstvoll gestrickten Tableaus viel von beidem: Erotische und nicht ganz so erotische Sujets, mit gestisch-expressiver Verve mal leichter, mal schwerer zu entziffern auf die Leinwand gezaubert. Hierbei mit eingemixt ist das profunde Wissen der Künstlerin um die Bildlösungen der großen alten, meistens, Meister.

Skeptiker mögen hier zögerlich sein: Browns Stilsicherheit könnte ihnen zu sehr nach Masche riechen – umso mehr, wer auf die siebenstelligen Auktionsergebnisse schielt, die diese Gemälde offenbar recht regelmäßig erzielen. Das lässt auf die Dauer selbst einen Willem de Kooning, bekanntlich ein Altmeister des Neoexpressionismus, etwas blass aussehen.

Doch darf man nicht vergessen: Weder war Malerei immer „in“. Noch hatte die Kunst von Frauen je eine Chance auf den vorderen Aufmerksamkeitsrängen des Kunstbetriebs zu landen, egal, ob wir vom institutionellen oder kommerziellen Flügel sprechen. Als Brown Anfang der 1990er-Jahre – in der Hochzeit der zweiten Welle konzeptuell motivierter künstlerischer Projekte – ihre Karriere begann, ließ sich ihre mutige Tour de Force durch die neuen alten Malereiidiome expressiver Großmeisterschaft sehr wohl im Sinne feministischen Empowerments, als souveräne Aneignungsgeste lesen.

Freilich konnte gerade diese Sorte Malerei auch schon immer mit einer stabilen Phalanx konservativer Alliierter rechnen, die das ostentativ frei sich entfaltende Künstlergenie seit jeher weit über konzeptuell-kritische Programmkunst stellt. Dies umso lieber, wenn das so kraftvoll-kulinarisch und kunsthistorisch kennerhaft verpackt daherkommt, wie im Falle Browns.

Der Berliner Galerie CFA ist zu ihrer aktuell fünften Soloschau „The Spell“ von Cecily Brown entsprechend nur zu gratulieren. Wer ihre Kunst schätzt, bekommt mehr, wenn nicht sogar ein bisschen zu viel vom bewährten Immersoähnlichen. Diesmal sind es großformatige Figurenkonstellationen (meist) männlicher Akte mit üppigen Details neben einer Auswahl prallvoll-nervöser Stillleben, die kleinteilig aus zarten bis harten Pinselhieben in fleischigen Rottönen aufgebaut sind. Darin lassen sich hier ein Hummer, dort eine Tasse, da ein Perlencollier ausmachen. Mythische Szenen, Pastelle unter anderem mit Hieronymus Bosch-Exegesen auf schwarzem Tonpapier runden die Präsentation der zwischen 2017 und 2022 entstandenen Arbeiten ab.

Nicht jeden wird es aber überzeugen, dass sich Brown in ihrer unheimlichen Stilsicherheit womöglich sogar zu wohl fühlt. Gerade wer Abbildungen ihrer höchst fotogenen Werke mit dem Original abgleicht, mag sich darüber wundern, wie wenig malerischen Risikos es am Ende braucht, um Bilder effektvoll „altmeisterlich“ und nur nicht zu „originell“ aussehen zu lassen – auf die Gefahr hin, dass die entsprechende Kundschaft eh immer schon vorab applaudiert hat.

Mehr Texte von Hans-Jürgen Hafner

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Cecily Brown - The Spell
17.09 - 29.10.2022

Contemporary Fine Arts
10623 Berlin, Grolmanstraße 32/33
Tel: + 49 30 88 77 71 67
Email: gallery@cfa-berlin.de
https://cfa-berlin.de
Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18, Sa 11-14 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: