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Forderung nach Förderung

Jetzt, da der "Standard" enthüllt hat, wieviel man als, sagen wir, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums verdient, wollen wir hiermit enthüllen, dass unsereiner bedeutend weniger verdient. Das Verdienst, das wir uns täglich um die Kunst erwerben, ist ein Erkleckliches höher als der Verdienst, der dabei herausspringt. Irgendetwas macht man falsch in unserem Metier. Höchste Zeit also, dass der Kunstredakteur der "Zeit", Hanno Rauterberg, in der Ausgabe seines Blattes von letzter Woche die folgende Lanze für sich und uns bricht: "Höchste Zeit also, dass Kritiker so gut bezahlt werden, dass sie sich Freiheit und Meinung leisten können, dass sie mit Preisen bedacht werden, mit Stipendien und Werkverträgen. Höchste Zeit, dass man Kritiker fördert wie Künstler." Einen Werkvertrag hätte ich schon gern. Und ich kann mir sogar vorstellen, dass ich mit Stipendien überhäuft werde, vielleicht einem Reisestipendium, beinhaltend einen mehrjährigen Aufenthalt etwa in Tokio oder anderswo ganz weit weg und die Option auf unbefristete Verlängerung unter der Maßgabe, zwischenzeitlich nicht in Wien aufzutauchen. Und von ferne schicke ich dann die Zettel mit den handschriftlichen Notizen an einen hiesigen Galeristen und gehe davon aus, dass er sie als Critical Art unter die Leute bringt. Ja, und dann bin ich gut bezahlt. Dann leiste ich mir nicht nur Freiheit und Meinung, sondern auch einen Agenten, der die Honorare ausverhandelt und mit den Institutionen in Verbindung tritt. Die Institutionen wollen dann allesamt einen Text im Katalog von mir, der das Projekt mit dem gebührend positiven Unterton vorstellt. Die Tageszeitungen wollen dann allesamt einen Text für die Verlagsbeilage von mir, der das Projekt mit dem gebührend positiven Unterton vorstellt. Und die Kunstzeitschriften wollen dann eine Rezension über die Galerie, die gerade vier ganze Seiten geschaltet hat, einen Text von mir, der das Projekt mit dem gebührend positiven Unterton vorstellt. Rauterbergs Plädoyer trägt übrigens den Titel "Die Feigheit der Kritiker ruiniert die Kunst". Ich habe mich jetzt über so etwas erhoben. Ich habe Mut gezeigt, den Mut, eine Forderung zu stellen. Eine Forderung nach Förderung. Und bald schreibe ich einen Text über meinen Geldgeber. Einen Text, der das Projekt mit dem gebührend positiven Unterton vorstellt.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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