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Lenora de Barros - To Double Images is to Multiply or to Divide Ideas?: Die Poesie des Klangs

Noch bis 17. Juli sind Arbeiten der südamerikanischen Künstlerin Lenora de Barros in der Galerie Kargl zu sehen. De Barros´wegweisende Fotoarbeit „Poema“ von 1979 wird derzeit auf der Biennale di Venezia im Internationalen Pavillion in den Giardini gezeigt. Dabei bohrt sich die Zunge der Künstlerin, von ihrer Spitze bis zum gesamten fleischlichen Muskel, in die Tasten einer Schreibmaschine. Es scheint so, als würde die Zunge Tasten bewegen und Buchstaben schreiben.

Hier gruppieren sich verschiedene Werkserien um jene ikonische fotografische Reihe von 1979. De Barros, Jahrgang 1953, studierte Linguistik und machte ihre ersten Erfahrungen als Dichterin mit konkreter Poesie und visuellen Gedichten. Sie wuchs in einer kunstsinnigen Umgebung auf, da ihr Vater Geraldo de Barros ebenfalls Dichter war. In einem Interview erläuterte Leonora die Bedeutung des Klangs für ihre Werke. Sie liebe „den Laut“ und seine Metamorphosen und unterstreicht dies mit ihrer Affinität zu Linguistik und Sprache.

Über diesen klanglichen und poetischen Zugang erschließt sich auch die Ausstellung in der Galerie Georg Kargl. Im ersten Raum läuft ein Soundfile und man hört das leise Hüpfen eines oder mehrerer Ping Pong Bälle. Vor uns breitet sich die Werkreihe „Study 1-6“ (Ping Poem for Boris) von 2000 aus, in der Polaroids von Ping Pong Bällen in verschiedenen Arrangements, von einem großen Kreis zusammengehalten, fotografiert wurden.

Es ist der Homo Ludens der bei de Barros eine große Rolle spielt. Ab 1990 begannen die Ping Pong Bälle („Ping Poems“) ganze Galerieräume zu fluten, so zu sehen auch bei einer  Fotografie eines Schwimmbeckens in Mailand, wo in dem ausgetrockneten Bassin zig Ping Pong Bälle zusammenrollen.

Neu in Wien wird die Werkserie „Glove Games“ von 2022 präsentiert, wobei die Künstlerin fingerlose Handschuhe trägt und den Ping Pong Ball in verschiedenen Variationen durch die Finger gleiten lässt. Der Ping Pong Ball ist beschriftet mit „Poem“ und fasziniert durch seine Rundheit und Wandlungsfähigkeit. Wenn man kleine Kinder bei ihrer ersten Begegnung mit einem Ball beobachtet, bekommt man eine Ahnung von dessen Faszinosum. Diese Fotografien von de Barros sind wie Tanzstücke oder der Gesang eines antiken Chores. Weiters spielt die Künstlerin mit verschiedenen Handschuh-Ball-Varianten. In einer Fotografie liegen die Handschuhe gestapelt aufeinander dazwischen eine menschliche Hand, wie in dem alten Kinderspiel.  

Die zweite Werkgruppe, die erstmals in Wien zu sehen ist, ist „The Revolt of Delicacay N 1“ entstanden 2021/22. Darin wird der Ping Pong Ball auf weiße Polster gebettet, drapiert mit Gaze, überhöht und erscheint wie ein teuer gefasstes  Reliquiar.

De Barros´ Affinität zum Ping Pong Ball lässt uns an einen weiteren Künstler denken, der mit Ping Pong Tischen und bemalten Ping Pong-schlägern arbeitete. Die Rede ist von dem slowakischen Künstler Július Koller, der aber einen anderen, philosophischen Zugang zum Ping Pong hatte. Koller hat zwar auch das spielerische Element als Verführungselement im Sinn, aber es ging bei Koller mehr um eine didaktische Welterfahrung. Koller ist viel pädagogischer in seinem Kunstwollen und stellt auch auf absurde Weise die Welt in Frage, in dem er z.B. die Tischtennisschläger mit einem Fragezeichen bemalte.

Zum Schluss sei noch auf eine Videosequenz von Lenora de Barras verwiesen, in der sie gegen sich selbst Dame spielt und Texte rezitiert. In dem Video setzt Sie sich mit KünstlerInnen wie Annette Messager, Cindy Sherman, Méret Oppenheim und Lygia Clark auseinander  wie sie das schon in ihren Texten für das „Journal da Tarde“ in den Jahren 1993 und 1996 tat.
De Barros schrieb auch immer wieder Kolumnen in Zeitungen und veröffentlichte 1980 Gedichte („Onde se ve“).

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Lenora de Barros - To Double Images is to Multiply or to Divide Ideas?
14.05 - 17.07.2022

Galerie Georg Kargl
1040 Wien, Schleifmühlgasse 5
Tel: +43 1 585 41 99, Fax: +43 1 /585 41 99-9
Email: office@georgkargl.com
http://www.georgkargl.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13-19
Sa 11-16h sowie nach Vereinbarung


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