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Anouk Lamm Anouk - Grace and Grave are only one Letter apart: Insta-geadelte Nonchalance

Angeblich brauchen starke Bilder keinerlei Erläuterung. Und wie steht es um Bilder oder Leinwände, die das Gegenteil davon vermuten lassen? Ungefähr so: „In sich ruhend, weder binär noch polarisierend…“ (Dieter Buchhart). Just ephemer. Sehnsüchtig. Sexuell transparent. Distinguiert im Farbton: Von Weiß über Beige bis Blau und Grün. Welcome to Zara Home. Gewiss, es werden nicht mehr als drei Farben benutzt - brauchen solche in sich ruhenden Gemälde ebenso keinerlei Auslegung? Dass die Malerei heute ein Zitat, eine Collage oder Pasticcio sein kann, ist so gut wie selbstverständlich. Eine ganze Menge Stile, Techniken und Malweisen stehen frei zur Disposition. Und selbst der Status, Maler oder Malerin zu sein, kann schnell mal wie mit einem Klick abgerufen werden: Man macht heute Kunst, und manchmal ist die eben gemalt, ein andermal nicht, oder sieht manches nur wie gemalt aus, wobei die edle/elegante Pose, sich medienspezifisch und persönlich in Szene zu setzen als Persona Grata fast unumgänglich erscheint. Alles ist dabei selbstreferentiell und kein großes Ding, obwohl die Werke selbst relativ großformatig auftrumpfen. Das ist nichts Neues und kommt doch immer wieder aufs Neue hervor. Nun bleibt aber die Frage, warum gerade jetzt. Vermutlich wegen der momentanen Brisanz der Genderthematik und der Diversität in einer neoliberalen Ökonomie. Aktuell zu den Exponaten der Malerei kommen noch zusätzlich zwei "Shaped Canvases" in Pferdeform, die aus der Entfernung imaginativ anmuten, mit sich wiederholenden, die Aufmerksamkeit auf sich ziehenden kleinen und großen Kreisformen und dekorativen Tropf- und Farbspuren auf deren naturfarbener Oberfläche.

Die Rede ist hier von der Kunst und der Künstlerin Anouk Lamm Anouk, einer Wienerin, die sich im Kontext der handlungsintensiven Subjektivierungsprozesse zu no age no gender no origin appellativ bis emphatisch bekennt. Anouk Lamm Anouk ist die Gewinnerin des Strabag Artaward International 2021 und zeigt derzeit in der Artlounge im Strabag Kunstforum eine Auswahl ihrer neuen, zum Teil para-abstrakten und para-figurativen Werke: Keine Dystopie, kein zerlumpter Abgrund oder gnadenlose Collagen aus einer Copy/Paste-Kitschwelt. Alles würde wegen dezent-neutraler Farbwelten und bedeutsamer Leerstellen in jeder gehobenen AD -Magazin Design-Wohnung vermutlich „bella figura“ machen. Und trotzdem sorgt Aunouks „lesbischer Blick“ oder „Lesbian Jazz“ in der einheimischen Kunstszene für Kontroversen.

In ihren Gemälden, Objekten und Schriften, wie der ausstellungstitelgebenden Phrase Grace and Grave are only one Letter apart, die in mehreren ihrer Bilder oder kühn in die Großfenster der Artlounge integriert erscheint, sucht die Künstlerin mittels reduziert-überlegter Gesten, Geometrie des Kreises und Tiermotiven sowie über Schnitt und Rhythmus tendenziell und intuitiv nach Harmonie und Ausgewogenheit. Das von ihr kreierte Subjektivmodel begleitet sie in der Öffentlichkeit stets: Sirus Grace Anouk – ein stiller, extravaganter Schoßhund (Yorkshire Terrier) mit ausgeprägter Schnauze, den Anouk auf der Hand (oft möglicherweise zu lange) wie ein Spielzeug und ein kostbares Attribut des heutigen Adelstandes trägt. Kein Abbild der Künstlerin auf Instagram ohne dieses sanfte, schweigsame Individuum, sowie auch keine Ausstellungseinladung ohne neue Selbstinszenierung der Malerin, die den Eindruck eines selbstreferentiellen Bildes im Bild erweckt.        

Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Anouk Lamm Anouk - Grace and Grave are only one Letter apart
24.03 - 21.04.2022

Strabag Kunstforum
1220 Wien, Donau-City Straße 9
Tel: +43-1-224 22-1848, Fax: +43-1-224 22-1847
Email: kunstforum@strabag.com
http://www.strabag-kunstforum.at/
Öffnungszeiten: Mo-Do 9-17, Fr 9-12 h


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