Peter Friedl - badly organized: Gut organisiert
Bekanntlich ist mit dem Jahr 1968, jenem Datum, vor dem man, wie es bei Deix so schön heißt, glauben konnte, die Frankfurter Schule wäre eine Ausbildungsstätte für Fleischhauer, wieder einmal alles anders geworden. Das Jahr 1968 hat ein Denkerlein namens Herbert Marcuse nach oben geschwemmt und im Gegenzug den Meister Adorno ins Grab gebracht. Geschichte ist ungerecht.
Mit einer der anregendsten Arbeiten, die die Gegenwartskunst in den letzten Jahren in Wien zu sehen gegeben hat, erinnert Peter Friedl in der Galerie Hohenlohe & Kalb an diese so unerträgliche Wahrheit. In Neonschrift an der Wand und als Ausstellungstitel auf der Einladung prangt es: "Badly organized". Die Schrift ist eine Handschrift, und sie stammt eben vom Gedankensteller Marcuse. Die beiden Worte dagegen sind eine Fundamentalkritik, stammen von einem amerikanischen Verleger und richten sich ausgerechnet an den Ästhetiker Adorno.
Die "Philosophie der neuen Musik" wurde damit aufs Korn genommen, und aus etwas, was so schlecht organisiert ist, konnte natürlich in Übersee auch nichts werden. Jahrzehnte nach seinem erzwungenen Exil erinnerte sich Adorno in dem Radioessay "Was ist deutsch?" an sein eher prekäres Verhältnis zum Gastland, und eben daraus hat Friedl zitiert. Es ist eine ganz hybride Mischung, die Friedl herstellt, denn die Signatur hat mit dem Diktum nichts zu tun. Und doch haben sie wieder sehr viel miteinander zu tun, denn im Rahmen der notorisch aktuellen Frage, ob die Lust oder das Engagement überwiegt, und gemäß einer Spurensuche entlang der eigenen nicht 68er-, sondern 78er-Existenz, liegt die Konfrontation der beiden Denker mit den Mitteln des Bildnerischen geradezu auf der Hand.
Zu diesem, soll man sagen?, Hauptwerk, gibt es allerlei mutmaßlich besser Verkäufliches, Zeichnungen vor allem und einen Leuchtkasten mit der buchstäblich knalligen Auffforderung "Kill and Go". Und es gibt einen Anzug aus dem Uniformstoff der irakischen Armee, getragen vom Galeristen Amer Abbas, seinerseits Iraker, in einer Art Performance. Peter Friedl ist einer der Hauptvertreter künstlerischer Investigation in die Geschichte und Gegenwart linker Selbstverständigung. Eine solche Psychologie schließt das ästhetische Kriterium der Gelungenheit keineswegs aus.
21.11.2003 - 23.01.2004
Galerie Hohenlohe
1010 Wien, Bäckerstrasse 3
Tel: +43 1 512 97 20, Fax: +43 1 512 74 19
Email: galerie@galeriehohenlohe.at
http://www.galeriehohenlohe.at
Öffnungszeiten: geschlossen