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Die dunkle Blume des Begehrens

Das Österreichische Filmmuseum zeigt im November eine Retrospektive der Filme des legendären britischen Filmemacher-Duos Michael Powell und Emeric Pressburger. Neben bekannten Meisterwerken wie "The Thief of Bagdad", "The Life and Death of Colonel Blimp", "The Red Shoes" oder "Peeping Tom" ist "Black Narcissus" vielleicht der schönste und seltsamste aller Powell/Pressburger-Filme, ja eigentlich überhaupt einer der schönsten und seltsamsten Filme, die es gibt. Deborah Kerr, die spröde Schöne, ist Schwester Clodagh, die Oberin. Mit einem kleinen, bunt zusammen gewürfelten Häuflein ihr zugeteilter Ordensschwestern bezieht sie die Räumlichkeiten eines ehemaligen Harems im indischen Himalaya. Vor der fast überirdisch schönen Gebirgskulisse steht dieses exponierte, mit erotischen Malereien gezierte Gebäude in luftiger Höhe von 9000 Fuß. Nicht nur die Pikanterien an den Wänden machen den Nonnen zu schaffen, auch der frei durchs Haus pfeifende Wind und die dünne, klare Luft. "Man kann zu weit sehen...", wird sich eine von ihnen bei Schwester Clodagh beklagen, während sie die Gemüsebeete in einen üppigen Blütenhain verwandelt. Verdrängte Erinnerungen und verleugnete Emotionen drängen machtvoll ans Licht, umso mehr, als in Gestalt von Mr. Dean, des einzigen Europäers am Ort, ein Mann anwesend ist, der zumindest für zwei der Nonnen zum Objekt heimlicher Begierden wird. Schwester Clodaghs Konkurrentin um Mr. Deans Gunst heißt Schwester Ruth. Sie ist die jüngste und gefährdetste unter den Himalaya-Immigrantinnen und wird zur Protagonistin eines dramatischen Finales. In der unausgesprochenen Romanze zwischen Mr. Dean und Schwester Clodagh sind die Geschlechterrollen verkehrt: David Farrar in seinen kurzen Hosen vermittelt Körperlichkeit, während die Nonne sich auf ihren Intellekt beruft. Erst der Händedruck beim Abschied verrät die Tiefe des Gefühls. Schwester Clodaghs letzter Blick gilt dem Kloster-Harem auf dem Berg, dessen Anblick ihr durch gerade aufsteigenden Nebel entzogen wird. So wie das Gebäude verblasst auch die Wirklichkeit der Ereignisse. Das ehemalige Haremshaus, das wie zahlreiche andere Orte in Powell/Pressburger-Filmen etwas stark Assoziatives, ja, Mythisches besitzt, behält all die dort aufgewühlten Leidenschaften zurück. Das Leben kann weitergehen. Black Narcissus, GB 1947, 100 min Drehbuch und Regie: Michael Powell, Emeric Pressburger Mit Deborah Kerr, Jean Simmons, David Farrar, Sabu u.a. Österreichisches Filmmuseum, 30.11.2003, 20.30 Uhr Programm und Info zur Retrospektive "Powell & Pressburger" www.filmmuseum.at
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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