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Birgit Jürgenssen 1949 - 2003

Der Katalog der oberösterreichischen Landesgalerie, in dem Birigt Jürgenssen 1998 die Arbeit der letzten drei Jahrzehnte Revue passieren ließ, sieht aus wie ein Bildwörterbuch zur Gender-Debatte. Was die Künstlerin einst einforderte, ein Lexikon zur Gegenwartskunst von Frauen, scheint in ihrem Oeuvre in einer Art Personalunion verkörpert. Es ist erstaunlich, wie früh sich Birgit Jürgenssen, 1949 in Wien geboren, Methoden zu eigen machte, die heutzutage unter postfeministischer Praxis firmieren. Sie wurde groß in einer Zeit, da mann allen Ernstes davon ausging, Frauen könnten nicht malen. Und als Arnulf Rainer 1983 daran ging, seine Klasse nach dem Geschlecht aufzuteilen, war sie seine Assistentin an der Akademie am Schillerplatz. Ihr Werk ist tief gegründet in derlei Erfahrungen mit dem maskulinen Ego. Womit Rosemarie Trockel Mitte der Achtziger für Furore sorgte, die Herdplatten etwa, an die die Frau vermeintlich gehört, eins zu eins in die Ausstellung zu tragen, war in Birgit Jürgenssens "Hausfrauenzeichnungen" bereits ein Jahrzehnt vorher witzig, zynisch, subversiv abgehandelt. Und was als Girl Group zur Paradekonstruktion der Neunziger gehört, hatte sie mit den "Damen", in Zusammenarbeit mit Ona B., Eveline Egerer und Ingeborg Strobl, ihrerseits längst mit ebenso viel Witz und Subversion inszeniert. Wahrscheinlich ist es das Investigative, Selbst-Distanzierte, Experimentelle und damit immer schon Vorläufige, das es verhindert hat, Birgit Jürgenssen ganz oben im Künstlerinnen-Ranking zu verorten. Ihre Selbst-Darstellung vollzog sich, bei aller Deutlichkeit der Rollen und Überspanntheit der Klischees, deren sie sich bediente, leise. Die Wichtigkeit ihres Werkes muss jetzt, da sie nach langer Krankheit am 25. September verstorben ist, erst noch erkannt werden.

Mehr Texte von Rainer Metzger

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