Werbung
,

Simone Fattal - Border Landscapes | Francesco Gennari - Mausoleum for a worm - curated by_ Lorenzo Giusti: Krieg und Frieden in den Dörfern der Welt

Die Gegenüberstellung der Keramiken, Skulpturen und Zeichnungen der beiden Künstler, die unterschiedlichen Generationen und Ländern entstammen, ist äußerst anregend. Das verbindende inhaltliche Element der beiden Persönlichkeiten ist ihr biografischer und ihr Werk-Bezug zu Wien. Sind doch die vielfältigen Beziehungen der Kunstschaffenden zu Wien heuer das Motto von „curated by: Vienna line“

Simone Fattal, sechundsiebzigjährige Syrerin, die heute in Paris lebt, vereinigt in ihren Arbeiten antikes und gegenwärtiges Leben. Bei Hubert Winter sind mehrere glasierte Steingutarbeiten mit dem Titel „House“ oder „House in the Desert“ zu sehen. Dabei handelt es sich um Keramiken, die sich durch eine rudimentäre Waagrechte und Senkrechte auszeichnen, die in der Zusammenschau als Schutzhütte oder als Zelt zu erkennen sind. Es sind die notwendigsten kargen Mittel, die Fattal hier illustriert, um eine Andeutung eines „zu Hauses“, einer Heimat, zu schaffen.

Fattal thematisiert mit dieser Häuserreihe unter anderem den auch von ihr selbst erfahrenen Verlust von Heimat, wahrscheinlich besonders dramatisch erlebt während des libanesischen Bürgerkriegs. Ihre Familie lebte in Beirut, als 1976 die schwelende libanesische Krise ausbrach. 1980 musste Sie das Land verlassen und gelangte direkt nach Südkalifornien.

Die Vermischung nahöstlicher Kultur mit dem Leben im damals sogenannten Westen und die dafür nötige Anpassungsleistung der MigrantInnen fließen in diese Serie der Häuser ein. „Was braucht es letztlich mehr als ein Paar Decken und eine Zeltstange um sich ein Nest zu bauen?“, fragt die Künstlerin und spielt damit auch auf das nomadische Leben im (früheren) Nahen Osten und in der heute globalisierten Welt an.

Eine weitere immer wieder vorkommende Figur in ihren Steingutarbeiten ist die Figur des „Warriors“, der in einer Art zusammengepackten Kopfkörpers auf hohen Beinen steht. Die Standfestigkeit, das Primitive bis Martialische des „Kriegers“ hebt Fattal auf sehr eindrucksvolle Weise hervor. Sie vermischt dabei Kindheitseindrücke der antiken Stätten von Palmyra mit dem zeitgenössischen Geschehen in Nahen Osten. Es sind die virilen stolzen Kämpfer, die Fattal faszinieren und die damals im Libanon und heute in Syrien Menschen den Tod brachten und bringen. Neben antiken Heroen und Figuren der griechischen Mythologie sind es die „positiven Kämpfer der Gegenwart“, die es Fattal angetan haben.

Der Tod kann als Verbindungsglied zu dem italienischen Künstler Francesco Gennari gesehen werden. Gennari, schon als Kind von der Kapuzinergruft - der Begräbnisstätte der Habsburger - fasziniert, fertigte aus Holz eine Art Urnenschrein für einen Wurm an: „Mausoleo per un verme“ 2006. Dieser ist nun bei Hubert Winter zu sehen.

In mehreren Schichten sind dort Zucker und Würmer in dem Tulpenholz-Quader nicht sichtbar eingelegt. Die Würmer können darin leben solange der Zucker reicht, danach gehen Sie den Weg alles Irdischen.

Frühere Arbeiten von Gennari haben einen stark konzeptuellen Ansatz, Formen wie Blöcke, Kuben, Quader kommen immer wieder vor. Er imaginiert mit seinen Arbeiten, die Vorstellung von Prozessen in Kuben, wo aus dem Inneren eines Blocks Dinge oder Leben hervorbricht. Siehe dazu die Arbeit „Die Geburt - La Degenerazione di Parzifal“, 2017.

An den Wänden des Kabinetts hängen Bleistiftzeichnungen des Künstlers, deren Gekritzel an eine Art Automatismus erinnert und surrealistisch anmutet. Der unbestimmte Duktus der Zeichnung bekommt eine feste Tulpenholzrahmung, deren Form mit dem Wurm-Schrein korrespondiert.

Summa summarum: Ein gelungener Start in einen spannenden Ausstellungsherbst.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Simone Fattal - Border Landscapes | Francesco Gennari - Mausoleum for a worm - curated by_ Lorenzo Giusti
14.09 - 10.11.2018

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: