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Paulina Ołowska - Amoresques: An Intellectual Cocktail of Female Erotica: Ist die weibliche Erotik überflüssig?

Irgendwann musste es ja dazu kommen, dass Paulina Ołowska, der polnische Star der internationalen Kunstszene, anhand ihrer referenziellen Kunst ihren Landsleuten zeigt, woraus die weibliche Erotik besteht. In der mit dem langen Satz „Amoreski (Liebeleien): Ein intellektueller Cocktail weiblicher Erotik“ betitelte Ausstellung in der Fundacja Galerii Foksal in Warschau geht es nicht um irgendeine postromantische Larmoyanz oder den pseudo-Gefühlüberschwang á la Polonaise. Vielmehr referenziert Ołowska auf die Geschichte der Emanzipation weiblicher Erotik und die Idee der Bildung. Ołowska versucht in Anlehnung an mehrere künstlerische Referenzen aus der sozio-modernen Vergangenheit Polens das weibliche Begehren wiederholt zu hinterfragen. Denn die Gefahr des Rückfalls in vormoderne Zeiten ist in Polen nicht auszuschließen.

„Intellektueller Cocktail“ steht jedoch nicht für einen beharrlichen Rationalismus – auch wenn sie alle bildlich-historischen Konstruktionen, auf die sich ihre Arbeiten beziehen oder welche sie in andere Kunstmedien transformiert, gleichwertig dokumentiert oder sie ebenfalls gleichberechtigt mit und neben ihren eigenen Artefakten als Originale zur Schau stellt. Die vielseitige Künstlerin, bekannt vor allem für ihre Lifestyle-Porträts ungewöhnlicher Frauen, versteht etwas davon, so etwas wie „Atmosphäre“ herzustellen.

In einem alchemistischen Prozess verbindet Ołowska in ihren neuen Bildern diverse Themen des „High“ und „Low“: zum einen verarbeitet sie in Gouache und Öl die Sexszenen aus dem legendären amerikanischen Pornomagazin für Frauen „Viva“ (1973 -1980), die sie mit poetischen Versen der polnischen Lyrikerin Maria Pawlikowska-Jasnorzewska (1891-1945) gegenläufig „kontaminiert“ und zum anderen bedient sie sich als Vorlage sowohl in ihren Bildern als auch in den glänzend-monochromen Keramiken der frivol-erotischen Zeichnungen von Maria Berezowska (1898 -1978). Berezowska hat Generationen von Polen, wenn die Worte nicht mehr ausreichten, bildhaft und unterhaltsam darin unterrichtet, was und wie Frauen am liebsten sexuell begehren. Damit ist Ołowskas Bildung-Idee noch nicht erschöpft: die Ausstellung begleitet in ihrem Verlauf ein prominent besetztes Programm mit mehreren Vorträgen und Filmvorführungen, darunter u.a. wird Alison Gingeras über eine seltsame Romanze zwischen Pornografie und Feminismus am Beispiel des Magazins „Viva“ vortragen.

Die sich über zwei Stockwerke erstreckende Ausstellung wird dominiert von etlichen, rhythmisch gehängten Hoch- und Querformate, die Bildjujets und Texte auf den vielschichtig lavierten Oberflächen im freien performativen Gestus kombinieren. Die Bilder wirken konzeptuell, sind intertextuell und stellen Vermutungen an über erotische Reize einer Frau der letzten Jahrzehnte. Unsere Einbildungskraft wird strapaziert: heikle Momente sind mit schwarzer Farbe übermalt, Schimpfworte sind mehrmals darauf zu lesen, Westen verkehrt sich zum Osten, Schattenumrisse der Frauensubjekte in erotischen Stellungen und dunkle Formen stoßen schlussendlich an die Grenze der Wahnehmbarkeit. Aus poetischen Sätzen bleiben bloße Worte und Silben übrig, sodass das letzte Bild aus der Serie wie ein verschlüsselter Tanz ausfällt. Dazwischen, mitten im Raum spendet eine schwarz eingefärbte Keramik-Fontäne, ein skulpturaler Jungbrunnen, aus dem das Wasser flüsternd sprudelt, noch die Hoffnung, ins Reine zu kommen. Die These von Simone de Beauvoir „man kommt nicht als Frau zur Welt , man wird es“ kommt einem in den Sinn und verlangt nach Kontinuität und differenziertem Denken. Die von Paulina Ołowska zitierten, von Dichterinnen, Feministinnen und Künstlerinnen goutierten erotischen Konventionen müssen verändert und unterlaufen werden oder zumindest wandelbar bleiben, sonst fließt der weibliche Eros ins Ungewisse.

Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Paulina Ołowska - Amoresques: An Intellectual Cocktail of Female Erotica
26.01 - 30.03.2018

Fundacja Galerii Foksal
00-033 Warschau, Górskiego 1A
Tel: +48 22 826 50 81
Email: mail@fgf.com.pl
http://fgf.com.pl/


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