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Taschenuhren

Die Zeit in der Tasche Taschenuhren waren bis ins frühe 20. Jahrhundert ein unverzichbares Utensil für den Mann von Welt. Zu Anzug und Gilet trug man in der dafür vorgesehenen Gilet-Tasche die Taschenuhr an einer schlichten Silber- oder einer schweren Goldkette. Solche Uhren waren, ob funktional-elegant ausgeführt, oder mit ländlichen Motiven verziert nie nur Zeitmesser, sondern Statussymbole. Zückte sie ihr Besitzer, um sich mehr oder weniger diskret der genauen Zeit zu versichern und ließ sacht den Deckel hochschnellen, war jedem Beobachter klar: man ist, was man hat. Zur Geschichte Schon Ende des 15.Jahrhunderts hatten Uhrmacher solch hohe Fertigkeiten erlangt, dass es möglich wurde, Uhrwerke bei zufriedenstellender Ganggenauigkeit zu miniaturisieren. Die Werke dieser Vorläufer der Taschenuhren wurden in dosen- oder kugelfömige Metallgehäuse eingepasst und entweder mittels eines Bandes oder einer Kette am Hals getragen. "Taschenuhren", die diese Bezeichnung wirklich verdienen, sind aus der Zeit um 1600 bekannt. Schon damals war Genf ein Zentrum in dem solche Uhren hergestellt wurden. Im 17. Jahrhundert sind zwei Meilensteine der uhrgeschichtlichen Entwicklung angesiedelt: Der Holländer Christiaan Huygens erfand die Spiralfeder, Barlow und Quare das Repetitionsschlagwerk. Um 1750 waren bereits Zylinderhemmung und Lagerung der Räderwellen in durchbohrten Edelsteinen bei Taschenuhren üblich. Die Ganggenauigkeit nahm zu, das Messen von Sekunden rückte in greifbare Nähe. In Frankreich ist Frédéric Japy als einer der ersten zu nennen, die eine bemerkenswerte Anzahl an Werken herstellten. Um 1795 fertigte er mit eigens entwickelten Maschinen davon 40.000 Stück. Damit war der Grundstein für das größte französische Uhrenunternehmen Frankreichs im 19. Jahrhundert gelegt. Es war indes ein anderer, der Kraft seines Genies, Furore machte und bis heute als einer der bedeutendsten Uhrmacher aller Zeiten gilt. Sein Name: Abraham-Louis Breguet, geboren im schweizerischen Neuchâtel. Von ihm stammen epochale Neuerungen wie die Bimetallkompensation an der Spiralfeder oder das Tourbillon, das bis heute als Königsdisziplin der feinen Uhrmacherei gilt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bildeten sich Kernzentren um Genf heraus: in Le Locle wurden Präzisions-Taschenuhren erzeugt, im Vallée de Joux Komplikationen. Die später führenden Uhrenfirmen traten erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Plan: Omega 1848, Tissot 1853, Eterna 1856, Heure 1860, Zenith 1865, Longines 1867, IWC 1886, Audemars Piguet 1875. Damit war der Grundstein für den Siegeszug der Schweizer Uhrenindustrie gelegt, der über ein Jahrhundert andauerte und nun, nach einer kurzen Krise, wieder auflebt. Dies allerdings mit Uhren, die nicht mehr an die Kette gelegt, sondern, am Handgelenk getragen werden. Spezialitäten und technischer Fortschritt Die industrielle Entwicklung machte in der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts auch vor dem Manufakturwesen nicht halt. Die Herstellung hochwertiger Taschenuhren blieb dennoch namhaften Manufakturen vorbehalten, während günstige Massenware, ganz im Sinne der fortschreitenden Demokratisierung, die eigene Uhr zum erschwinglichen Preis bot. Ob Arbeiter oder Angestellter, Taschenuhren in einfachster bis edelster Ausführung wurden zum unverzichtbaren Bestandteil der eigenen Lebenskultur. In Deutschland wurden Mitte des 19. Jahrhunderts im sächsischen Glashütte u.a. die Manufakturen Lange & Söhne und Union gegründet und damit ein gewisses Gegengewicht zu den Schweizer Herstellern geschaffen. Die Verbesserung des Bedienungskomforts und künstlerische Dekoration blieben für alle Uhrenmanufakturen erklärtes Ziel ihrer Anstrengungen. So erfolgte der Aufzug des Werkes nicht mehr mit einem separaten Schlüssel, sondern, ebenso wie die Veränderung der Zeigerstellung, über die Krone. Die Uhrengehäuse zierten oftmals kostbare, in Emailtechnik ausgeführte dekorative Motive in einer Meisterschaft, die heutzutage nur noch von wenigen Uhrenherstellern in vergleichbarer Qualität erreicht wird. Die Geschichte der Taschenuhr endet, nachdem diese Zeitmesser zur Jahrhundertwende in teils hoher Anzahl erzeugt wurden (u.a. Roskopf-Eisenbahneruhren oder auch Doxa) in den frühen dreissiger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts. Von da an traten die Armbanduhren ihren Siegeszug an. Wie wird gesammelt? Den großen Fund auf dem Flohmarkt machen, wenn überhaupt, nur Experten, die sich in jahrelanger Arbeit akribisch in ihr Spezialgebiet eingearbeitet haben. Das ist bei Taschenuhren nicht anders. Wer vermeintlich günstig ein altes Stück erwirbt, kann fehlgehen, denn schon im 19. Jahrhundert wurden Schweizer Taschenuhren hergestellt, die für eine wenig kaufkräftige Kundschaft gedacht waren. Sie besitzen oft nur dünne Silbergehäuse und Werke minderer Qualität, die den Erwerb nicht ratsam machen. Fälscher waren damals bereits ebenso am Werk und es ist nicht gesagt, dass ein vermeintlich authentischer Schriftzug verbürgt, dass es sich um ein Original handelt. Oft haben, meist bedingt durch Kriegszeiten, Werke ihre Gehäuse verloren, speziell wenn es sich um solche aus Edelmetall handelte. In der Folge fand Nicht-Zusammengehördens zueinander. Ob das der Fall ist, kann eigentlich nur ein Experte zweifelsfrei feststellen. Originaliät sollte beim Kauf im Vordergrund stehen: stimmen Gehäuse, Zifferblatt oder Zeiger nicht überein, so kann man den Preis deutlich nach unten revidieren. Ein solches Stück zu erwerben ist grundsätzlich aber ohnehin nicht ratsam. Besser aufgehoben ist man bei Uhren-Spezialauktionen (z. B. Antiquorum, Auktionen Dr. H. Crott), um eine Sammlung aufzubauen oder ein lang gesuchtes Stück zu ersteigern. Da hat man zumindest mehr Sicherheit, eine kostbare Taschenuhr in wirklich gutem Zustand für einen entsprechenden Betrag zu erstehen der nicht unbedingt exorbitant hoch sein muß. Im Zweifelsfall hilft das Traditionsbewußtsein einiger Schweizer Uhrenfirmen weiter, da man selbst für Uhren aus dem 19. Jahrhundert noch einen Stammbuchauszug bei Uhrenherstellern wie Breguet, Omega, IWC, Patek Phillipe oder Vacheron & Constantin anfordern kann. Das ist zwar nicht kostenlos, spart aber möglicherweise Ärger und verhindert einen unüberlegten Kauf, denn das besser Stück ist immer jenes mit einer möglichst belegbaren und nachvollziehbaren Geschichte. Literatur Von Osterhusen, Fritz: Taschenuhren.- München 2003 Herkner, Kurt: Glashütte und sein Uhren.- Dormagen 1988 Cardinal, Cathérine: Die Zeit an der Kette.- München 1985 Spiegl, Walter: Taschenuhren.- München 1981 Daniels, George: The Art of Breguet.- London 1974 Spezialisierte Auktionshäuser Antiquorum Auctioneers, 1 Rue du Mont-Blanc, CH-1201 Genève Auktionen Dr. H. Crott, Inhaber Stefan Muser Friedrichsplatz 19 D-68165 Mannheim Die großen Auktionshäuser www.dorotheum.com www.christies.com www.sothebys.com
Mehr Texte von Thomas Kahler

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