Ursula Maria Probst,
Sam Taylor-Wood: Revolution der Gefühle
Neurosen und Psychosen als Symptome unserer auf Lifestyle getrimmten Gesellschaft treten in Sam Taylor-Woods Videos und Fotografien als Artikulationen psychischer Ausbrüche oder sexueller Entfremdung ins Bild. Als Laserdisk-Projektion zeigt "Hysteria" (1997) in unmittelbarer Nahaufnahme das verzerrte Gesicht einer Frau, deren Kopf mit geöffnetem Mund von heftigen Emotionen erschüttert wird. Ihrer aufgewühlten Verfassung vermag man sich kaum zu entziehen.
Einen weiteren Exzess in Richtung Abgründe der menschlichen Psyche liefert "Five Revolutionary Seconds III" (1996). Sam Taylor-Wood fotografiert durch eine spezielle, für Luftaufnahmen der Royal Air Force entwickelte Kamera Panoramabilder in eleganten Salons. Die ProtagonistInnen dieser Serie sind ebenfalls SchauspielerInnen, die sich nach den Regieanweisungen von Sam Taylor-Wood ablichten lassen. Während auf dem Sofa ein Mann völlig in Gedanken verloren sitzt, kopuliert auf dem Fauteuil wenige Meter entfernt ein Paar. Einen Kontrast zur sexuellen Handlung bildet eine Frau, die im Abendkleid mit angewinkelter Hand posiert und deren Anflug von Entrüstung sich im gegenseitigen Ignorieren auflöst. So wie in Antonionis Film die "Rote Wüste" sind diese Orte der Entfremdung zugleich Orte des Vergessens und unerwarteter Begegnungen.
Sam Taylor-Woods Bilder bewegen sich zwischen Film, Fotografie und Malerei. Es entstehen Szenarien, die als Personifikationen psychischer Allegorien gelesen werden können. In der Serie "Soliloguy" sind es Ikonografien alter Meister wie Fra Angelico, Paolo Uccello oder Andrea Mantegna, die als Vorbilder dienen. Durch die Anspielungen auf die Malerei fließt ein Moment der Zeitlosigkeit ein, das die emblematische Aura verstärkt. Die Fotografie "Soliloguy II" (1998) bildet in seiner Darstellung archaischer, animalischer Männlichkeit eine Ausnahme.
Angeregt durch japanische Shunga Holzschnitte zeigt die miniaturhafte Serie "Passion Cycle I-XXV" (2002) Aufnahmen eines Paares in verschiedenen sexuellen Stellungen. Der Sex in den Bildern enthüllt trotz seiner Intimität einen unverkennbaren De-Sade-Charakter. Wie sehr obsessive Leidenschaft und die Gewissheit des Todes zusammenspielen, dringt in Sam Taylor-Woods jüngsten Arbeiten durch. In "A Little Death" (2003) zerfällt ein toter Hase in Zeitlupe zu Staub.
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Sam Taylor-Wood
19.09 - 30.11.2003
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1040 Wien, Foundationsquartier, Wiedner Hauptstraße 15
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Ihre Meinung
1 Posting in diesem Forumsehr kleine philosophie der zeit
txomin iturbe | 21.10.2003 10:03 | antworten
zeitraffer, liebe ursula, zeitraffer!!!
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