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Der Herr Landeshauptmann

Eröffnungsreden dienen, wie wir alle wissen, vorrangig einem einzigen Zweck: einander gebührend die Ehre zu erweisen. Besonders die Geldgeber wollen bedankt bis hofiert werden. Ist extrem wichtig. Sonst gibt’s vielleicht beim nächsten Mal weniger oder gleich gar nichts mehr. Nirgends wird dieses Ritual mit so viel Herzblut gepflegt wie in Niederösterreich. Erst kürzlich konnte ich das beobachten, nämlich bei der Inauguration des Schlossmuseums Asparn an der Zaya; gemeinsam mit einem weiteren Standort in Mistelbach bildet es eine Institution mit dem erfinderischen Namen MAMUZ. Präsentiert wird dort Ur- und Frühgeschichtliches sowie der Schatzfund von Wiener Neustadt, in der Tat ein hoch spannendes Konvolut. An jenem Samstag Nachmittag jedenfalls waren Scharen von Menschen angereist, sogar ein Busunternehmen war engagiert worden. In der eigens dafür aufgebauten Zelthalle drängte sich das Publikum. Nachdem der Herr Landeshauptmann eingetroffen war, begann das Hofzeremoniell, moderiert von einer Redakteurin des ORF Niederösterreich. Nachdem sich die Präsidentin des Bundesdenkmalamts – das den Schatzfund jahrelang betreut und bearbeitet hatte – vielmaligst beim Herrn Landeshauptmann bedankt und dessen „offenes Herz“ gelobt hatte, sprach der wissenschaftliche Leiter des Museums zu den p.t. Gästen. An diesem Tag, vertraute er dem ehrfürchtig erschauderndem Publikum an, gehe einer seiner Herzenswünsche in Erfüllung: Der Herr Landeshauptmann PERSÖNLICH besuche das Museum! Die Rede des Leiters gipfelte in der Schilderung seiner ersten Begegnung mit dem Herrn Landeshauptmann, offenbar einer Art Heiligenerscheinung. Bei so viel Emotionalität war es auch um die ORF-Frau geschehen. Als – endlich, endlich, fast eine Dreiviertel Stunde hatten die Gäste warten müssen! – die Hauptperson des Tages, nämlich der Herr Landeshauptmann, vor seine Untertanen trat, lobte die Redakteurin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dessen „großes Herz“, zeigte sich angetan angesichts der „vielen Komplimente“ an ihn. Wie es ihm denn damit so ginge? Leider verpasste ich einen wesentlichen Teil der Rede des Herrn Landeshauptmann, denn meine zweijährige Tochter begann an unpassenden Stellen zu kichern und zu quietschen. Dieses blasphemische Gfrast! So suchte ich den Eingang zu den Museumsräumen, in der vagen Hoffnung, diese vielleicht schon betreten zu dürfen. Die Aufsicht hielt mich auf. Vor dem Herrn Landeshauptmann dürfe niemand hinein, beschied sie mir. Schließlich sei er ja „der oberste Chef“, und ihm, nämlich dem Herrn Landeshauptmann, so formulierte sie feierlich, „obliegt die Ehre, als erster das Museum zu sehen“. Gut, dass er bald kam, der Herr Landeshauptmann. Wir küssten ihm die Hände, salbten ihm die Füße und schlossen ihn später in unser Abendgebet ein.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ihre Meinung

4 Postings in diesem Forum
Monarchismus
Guentta | 23.04.2014 11:53 | antworten
Nirgendwo auf der Welt ist die Liebedienerei derart ausgeprägt wie in unserem Kakanien - und das unabhängig von der politischen Ausrichtung. Ich kenne eine hohe Beamtin, die als überzeugte Sozialdemokratin ihr Dienstzimmer mit Porträts der verwichenen Kaiserin Elisabeth zierte. In einer Tiroler Krimiserie wird eine handelnde Person ständig als "Frau Gräfin" angesprochen, obwohl Adelstitel bei uns seit mehr als neun Jahrzehnten abgeschafft sind. Bei einer Feier wurde ein ehemaliger Politiker und jetziger Bankdirektor als "Herr Minister" begrüßt, obgleich er ein solches Amt schon seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr bekleidet. Der Österreicher hat eben das Ducken verinnerlicht - es könnte ja für ihn etwas dabei herausschauen ...
Nummer 1
Elisabeth Lang | 23.04.2014 01:19 | antworten
Da unser niederösterreichischer Landeshauptmann ja so gerne Bundespräsident werden wollte, was ihm bisher versagtt blieb, muss er sich wohl noch immer an seinen eigenen Starallüren schadlos halten. In Österreich ist wohl nach wie vor das frühmittelalterliche Hausmeiertum der Merowinger ein unerlässlicher Status in der politischen Landschaft. Dementsprechend auch das erzwungene Verhalten der Bevölkerung! Und schliesslich wissen wir es alle: Wer zahlt, schafft an! Nur verteilen unsere Politiker ja bekanntlich unser Geld und nicht ihr eigenes! E. Lang
Dr.
Lauermann Ernst | 25.04.2014 09:25 | antworten
Dass der Landeshauptmann von Niederösterreich polarisiert ist seit langem bekannt, unqualifizierte Äußerungen wie dieser halblustige Kommentar einer, gewissen Frau Scheldmayer, kann nur mit der Parabel von der Eiche und dem Schwein verglichen werden, "was kümmert es die Eiche, wenn sich ein Schwein daran reibt", oder anders ausgedrückt, der Kommentar ist genauso wichtig, als wenn in Peking ein Fahrrad umfällt. Unqualifizierte, nicht recherchierte Äußerungen sind ja am einfachsten zu verfassen, hauptsächlich schlecht machen und anpatzen.
Quod erat demonstrandum
Guentta | 06.05.2014 08:35 | antworten
Der Herr LH kann sich auf seine Schoßhündchen offenbar verlassen...

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