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Wie kommt die Farbe in die Kunst?

Kunst scheint mit Mode eine Gemeinsamkeit zu verbinden: zeitlich begrenzte Farbpaletten. Nachdem die Kunst allerdings im Gegensatz zur Mode keine Rücksicht auf Jahreszeiten nehmen muss, gibt es wohl andere Gründe für ihre farblichen Vorlieben. Welche das sind, kann man auf der diesjährigen Open Art in München verfolgen. Zum Beispiel in der Galerie Renate Bender: „Lapislazuli und Purpur“ nennt die Galeristin ihre Schau, die nicht nur fünf Künstler vorstellt sondern auch zu einem Farblabor einlädt: Der Farbenhersteller Kremer gibt Besuchern der Open Art die Möglichkeit, vor Ort Mischungen zu erproben und sich über mineralische Pigmente zu informieren. Die Engländerin Maria Lalic zeigt bei Renate Bender Arbeiten aus ihrer Serie "History Paintings". Hier wählt die Künstlerin bewusst und ausschließlich Pigmentfarben, die im 19. Jahrhundert entdeckt wurden. In ihren flächig monochromen Bildern legt sie verschiedene Farbschichten übereinander, die sich in der Überlagerung mischen. Maria Lalic interessiert sich für das Phänomen, welche Rolle die Verfügbarkeit von bestimmten Pigmenten und Tönen in unterschiedlichen kunsthistorischen Epochen für die Malerei spielte. Nachdem die Palette der industriell gefertigten Farben maximal erweitert war, machten Künstler bestimmte Farben auch zu Agenten einer Lebenshaltung. Zitronengelb auf Quietschtürkis kündete vom leuchtenden Pathos der Popart: "Wir sahen die Zukunft und wussten es", meinte Andy Warhol. Die Amerikanerin Judy Ledgerwood greift die Pop-Palette auf und erweitert sie um das Spiel mit matten und glänzenden Oberflächen. Bei Häusler Contemporary zeigt sie unter dem Titel „Passing through colour“ eine neue Serie ihrer Enkaustikarbeiten. Loses Pigmentpulver ist hier unmittelbar mit Wachs vermischt und bildet reliefartige Oberflächen. Auf die strategisch manipulierende, die Sinne lockende Farbpalette der Werbung referiert Endy Hupperich bei Van de Loo Projekte und zitiert dabei die Verheißungen des Konsums. Seine Collagen verleiben sich alle Spielarten medialer Bilderzeugung ein und überlassen auch mal dem Zufall die Bildregie – oder tun zumindest so als ob. Sehr zurückgenommen und konzentriert erscheinen die Holzschnitte von Andrea Büttner bei Barbara Gross. Die Galeristin enteckte die Künstlerin auf der vergangenen Documeta, wo sie ein karnevaleskes Video zweier Nonnen in der Umgebung eines italienischen Vergnügungsparks zeigte. Die beiden diskutierten zwischen den Buden und Riesenrädern vor laufender Kamera über Schönheit und woher das Blau ihrer Kleider kommt. Sie glaubten, dass es eher pragmatische Gründe habe und mit der Arbeitskluft der Handwerker zusammehinge, denn mit symbolischen Ordnungen wie dem typischen Blau des Marien-Mantels. Wenn auch medial völlig verschieden, so gibt es zwischen der Documenta-Arbeit Andrea Büttners und ihrer aktuellen Ausstellung doch inhaltliche Interferenzen: in beiden Werken geht es um religiöse Aspekte. Bei Barbara Gross sind vier Szenen aus dem Leben des Heiligen Franziskus zu sehen. Ungewöhnlich Formate wählt Andrea Büttner hier, Maße, die man eher mit Videoscreens und Fotografien denn mit Holzschnitten verbindet. Die Arbeiten messen zum Teil fast zwei Meter in der Länge oder Höhe. Gleichzeitig verlassen sie sich ganz auf ihre zurückgenommene Farbigkeit und die Haptik des Druckmediums. Open Art 13./14./15. September 2013 www.openart.biz
Mehr Texte von Astrid Mayerle

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