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Dieter Meier - In Conversation: One-Man - Many Shows

Die künstlerische Tätigkeit des Zürcher Künstlers Dieter Meier setzt Ende der 1960er Jahre mit Performance- und Konzeptkunst ein und dauert bis heute an. Dennoch ist er den meisten wohl eher als Mitglied der Musikgruppe Yello bekannt. Nun gibt es im Aargauer Kunsthaus Aarau Gelegenheit, sich mit dem künstlerischen Werk vertraut zu machen. Meier überzeugt durch sein überraschend unvoreingenommenes Herangehen an die Kunst. Er erregt immer wieder Aufsehen, indem er sowohl Prozesshaftes als auch den Menschen in den Mittelpunkt stellt und in soziale Gefüge eingreift. Im Rückblick auf die Anfänge hat er mit diesem Vorgehen genau den Puls der Zeit getroffen: In Zürich stellt er 1970 jeder Person, die eine mit Metallschienen markierte Strecke auf dem Helvetiaplatz abschreitet, eine „Gang-Bestätigung“ aus. Damit sorgt er einerseits für Aufmerksamkeit, andererseits für Ratlosigkeit und Skepsis wie aus damaligen Zeitungsberichten hervorgeht. Ausgerüstet mit einem Tonbandgerät kauft er ein halbes Jahr später auf der Straße in New York für einen Dollar ein „Yes“ oder ein „No“ und erstellt ein Zertifikat mit Foto. Es sind die Reaktionen der Passanten, die in beiden Fällen die künstlerische Arbeit konstituieren, während schriftliche Konzepte, dokumentierende Fotografien und Berichterstattungen in der Presse die Existenz der Werke manifestieren und überliefern. Diese Verwendung unterschiedlicher Einzelmedien, aber auch die Aneignung der Massenmedien zu eigenen Zwecken ist ein Kennzeichen künstlerischer Tätigkeit in den 1970er Jahren. Eine Sendung des Schweizer Fernsehens wird unterbrochen und während einer Minute ein Standbild mit dem Porträt des Künstlers ausgestrahlt. Prompt gehen beim Unternehmen Telefonanrufe empörter Zuschauer ein. Daneben erhält der 1945 in Zürich geborene Meier auch in Kunstkreisen ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, eingebunden in die Kunstszene der Stadt und der Schweiz: Eine Fotoserie zeigt die junge Bice Curiger, die auf Anleitung von Meier eine Performance ausgeführt hat. Die Teilnahme an der Documenta 1972 unter der Leitung von Harald Szeemann nimmt er zum Anlass, um vor dem Kasseler Hauptbahnhof eine Bodenplatte zu installieren. Darauf gibt er an, am 23. März 1994 während einer Stunde persönlich darauf zu stehen. Sein Versprechen hält er ein, wie aus einer Berichterstattung der Sendung 10vor10 des Schweizer Fernsehens nach Ablauf der 22 Jahre hervorgeht. Der Nachrichtensprecher zeigt besonderen Humor, indem er in der Abmoderation ebenfalls eine genaue Orts- und Zeitangabe macht, wann er bei der nächsten Ausgabe der Sendung wieder zu sehen sein werde. Während seine frühen konzeptuellen Arbeiten im öffentlichen Raum wenig massentauglich sind und eher Unverständnis hervorrufen, erlangen in den 1980er Jahren knallig bunte Musikvideos große Popularität. Der gemeinsame Erfolg mit Boris Blank in der Elektropop-Gruppe Yello ist bezeichnend für Meiers Schaffen, bei dem Auftritte in unterschiedlichen Formen stets eng mit dem Kunstschaffen verbunden sind. Eine Fotoserie von 1974 besteht aus 48 Porträts, in denen der Künstler verschiedene Rollen und Posen einnimmt. Die Verkörperung verschiedener Charaktere steht einerseits im Sinne einer künstlerischen Selbstinszenierung wie sie durch Cindy Sherman bekannt geworden ist. Andererseits stellt er 2005 einigen dieser Fotografien neue Aufnahmen zur Seite und fügt 2012 ein Video hinzu, sodass eine biografische Entwicklung dieser fiktiven Figuren nachvollzogen werden kann. Auch hierin wird die konzeptuelle Herangehensweise und die Kontinuität deutlich, die Meiers ganzes Schaffen durchzieht. Ob er nun im öffentlichen Raum, als Magier in der Fotografie oder in einem Videoclip auftritt, eine auffallende Konstante über all die Jahre bis heute ist sein charakteristischer Schnurrbart geblieben. Das Aargauer Kunsthaus lädt zu einer Entdeckungsreise durch das reichhaltige Werk eines bisher wenig gewürdigten Künstlers ein. Neben Fotografien, Skulpturen, Videos, in die Ausstellung integrierten performativen Werken und Musikclips sind auch Zeugnisse aus Zeitungen und Fernsehen zusammengetragen worden, die witzige Details enthalten. Das Gezeigte hat, aufgrund der historisch gewachsenen Distanz, vielfach schon als Dokument seiner Zeit einen besonderen Reiz.
Mehr Texte von Sonja Gasser

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Dieter Meier - In Conversation
07.09 - 17.11.2013

Aargauer Kunsthaus
5001 Aarau, Aargauerplatz
Tel: +41 62 835 23 30, Fax: +41 62 835 23 29
http://www.aargauerkunsthaus.ch
Öffnungszeiten: Di - So 10:00 - 17:00, Do 10:00 - 20:00


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