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10 Jahre Lentos. Die Sammlungsausstellung zum Jubiläum: 10 Jahre und noch immer neugierig

Die Jubiläumsausstellung im Linzer Kunstmuseum Lentos erfreut mit vielen „Ausstellungen in der Ausstellung“ und spricht kunstfernes wie kunstgeübtes Publikum an. Unter dem Titel „Von Vögeln und Ratten“ tauchen die BesucherInnen in dem von Maria Bussmann gestalteten Raum in eine Welt aus Kunstwerken und nicht-künstlerischen Objekten ein – untermalt von leisem Vogelgezwitscher. Vogelstudien von Klemens Brosch sind in der Fülle an Exponaten ebenso vorhanden wie traditionelle Masken aus dem Kongo oder eine großformatige Fotografie von Lois Renner. Die Installation „Lost and found“ (2011) von Bussmann, die aus Papiermaché-Tauben und deren Exkrementen aus Temperafarbe auf dem Museumsboden besteht, bringt Humor in den Raum. Und dass eine Kinderzeichnung so gut neben eine Skizze von Alfred Kubin passt, überrascht: auf beiden ist ein küssendes Liebespaar zu sehen. Das Berliner Künstlerduo EVA & ADELE hat für den von ihm kuratierten Raum Arbeiten ausgewählt, in denen es um Paare geht. Ihre eigene Serie „Family Portrait“ (1992), 25 Fotografien, auf denen EVA & ADELE in hellrosa Kostümen mit Flügelchen einen Globus in Händen haltend an verschiedenen Orten mit befreundeten Künstlerinnen und Sammlern zu sehen sind, hängt hier ebenso wie Werke von Paul Kranzler, Maria Lassnig oder Egon Schiele. Es ergeben sich interessante Korrespondenzen zwischen den zeitgenössischen Arbeiten und jenen, die bereits 100 Jahre auf dem Buckel haben. Um einiges minimalistischer ist der von Nasan Tur gestaltete Raum, in dem Turs Fotoserie von Zellentüren der Dresdner DDR-Untersuchungshaftanstalt („Bautzner Straße“, 2009) präsentiert wird. In der DDR-Haftanstalt waren zigtausende politische Häftlinge untergebracht. Sehr direkt und einfach zu rezipieren ist hier der Gegensatz, den der Künstler betont, wenn er seinen Fotografien um die „Zelle“ herum Landschaftsbilder von u.a. Caspar David Friedrich und Emil Jacob Schindler gegenüberstellt. Weite, Offenheit und Leere versus Eingesperrt-Sein. Einfachheit ist überhaupt ein Konzept, das sich im besten Sinn durch die Ausstellung zieht. Zeitgenössische und klassisch moderne Arbeiten, die – oft thematisch organisiert –, den leichten Einstieg in die Kunst ermöglichen. Neben den von Künstlerinnen und Künstlern mit Werken der Sammlung kuratierten Bereichen gibt es abgegrenzte Räume, die speziellen Themen gewidmet sind (u.a. „Der Ursprung der Sammlung. Die verfolgte Avantgarde“, „Sehnsucht nach Arkadien“, „Geometrie trifft Poesie“ oder „Red-Yellow-Blue... POP“). Zu der einfach zugänglichen Art der Kunstpräsentation passt auch, dass am Familiensonntag Puppenspielerin Gerti Tröbinger alias „Frau Lowbrow“ ihrem Vogel (einer Handpuppe) die Kunst erklärt. Wenn dann angesichts der zuvor beschriebenen Tauben-Installation von Maria Bussmann Sätze wie „Das ist kein Dreck, das ist Kunst“ fallen, wenn Tröbinger ihren Puppen-Vogel hier „Das kann ich auch!“ sagen lässt, hat sie die Lacher auf ihrer Seite und setzt die Hemmschwelle für die Kunstbetrachtung bewusst niedrig. Auch für eher kunstfernes Publikum. Gerade am Jubiläumswochenende waren bei freiem Eintritt reichlich Menschen im Lentos auf Besuch, die sich wohl sonst eher selten in ein Kunstmuseum verirren. Direktorin Stella Rollig versteht das durchaus auch als Maxime ihres Hauses: Sie möchte „Kunst als ein Medium vermitteln, das dem Menschen hilft, sich zu verorten.“, sagt Rollig. Der Mensch soll im Mittelpunkt stehen und nicht unzugängliche Kunstwerke, die nur mit kunsthistorischem Hintergrundwissen zu verstehen sind. Direktorin Rolligs Ziel ist, dass sich die BesucherInnen „von selbst mit der Kunst auseinandersetzen und sie entdecken wollen“. Rollig möchte die Leute „hereinholen“, wie sie sagt. Besonders bei der von ihr kuratierten Ausstellung der Sammlungs-Neuzugänge im zweiten Hauptraum des Lentos sei ihr es ihr ein Anliegen gewesen, die Menschen und deren Befindlichkeiten zu thematisieren, sagt Rollig. Es werden unter anderem neu angekaufte Arbeiten von Kutlug Ataman, Ulrike Lienbacher, Dietmar Brehm und Johanna Kandl gezeigt. Begleitprogramme zur Jubiläumsausstellung unterstreichen den Wunsch nach einem offenen und zugänglichen Museum. So waren etwa unter dem Motto „Das neugierige Museum“ an mehreren Tagen im April und Mai die BesucherInnen eingeladen, darüber zu reden, was sie sich von der Kunst wünschen und welche Rolle diese in ihrem Leben spielt. Auf dass die jungen BesucherInnen, die bei „Frau Lowbrow“ Kunstbetrachtung „gelernt“ haben, auch in zehn Jahren noch lachend durch Ausstellungen gehen.

Mehr Texte von Hannah Winkelbauer

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10 Jahre Lentos. Die Sammlungsausstellung zum Jubiläum
22.03 - 09.06.2013

Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr


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