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Realness Respect: Konkret, kantig, unbehaglich

Der steirische herbst gibt sich heuer sperrig. Ebenso sperrig präsentieren sich auch die Ausstellungen, die in seinem Rahmen zu sehen sind. Keine Kuschelzonen, keine Gefälligkeiten werden geboten, sondern konkretes, kantiges, mitunter auch ungemütliches. Die Gruppenausstellung im Kunstverein Medienturm nimmt als zentrales Element der Ausstellungskonzeption Franz Erhard Walthers Konzept seines 1. Werksatzes, der ganz im Sinne der Konzeptkunst das künstlerische Werk in der Ausführung aus der Hand des Künstlers entlässt und nur noch ideelle Vorgaben leistet. Zu sehen sind Skizzen Walthers zur Nutzung dieses Werksatzes, die allein schon in ihrer Materialität in großem Gegensatz zu den übrigen Arbeiten stehen. Denn im Großen und Ganzen ist es performative Kunst, die in „Realness Respect“ zu sehen ist. Mit der performativen Kunst und dem Ausstellungsraum ist das so eine Sache. Die Performance selbst ist eine zeitlich begrenzte und oft auch nicht wiederholbare Handlung, bei der man anwesend sein muss, wenn man sie sehen und miterleben will, wie das in der Arbeit von Santiago Sierra sehr anschaulich ist. So bleibt für das längerfristige visuelle Erleben die Aufzeichnung auf Video samt nachfolgender wiederholter Wiedergabe. Die Utensilien der Performance stehen mitunter wie stumme Zeugen in der Galerie, erzählen mit etwas Glück ihre eigene Geschichte und lassen sich nicht auf den Augenblick einer einmaligen Performance reduzieren. So in der Werkkonstellation Carola Dertnigs, die für ihre Performance am namhaften „Hier ist Platz“ eine mobile Arbeitertribüne errichtet hat, die auf einen Entwurf Alexander Rodtschenkos aus dem Jahr 1920 zurückgeht. In kühnem Schwarz-Weiß, das sofort die Assoziation zu Kasimir Malewitschs „Schwarzem Quadrat auf Weißem Grund“ hervorruft, wird das Performance-Utensil zum Kunstwerk selbst – ebenso wie die Spuren, die von Christians Falsnaes’ interaktiver Performance während der Eröffnung geblieben sind. Von den weiteren Arbeiten, die das Performative in Form von Video visuell bannen, sei „Situations“ des Künstlerkollektivs Claire Fontaine erwähnt. Die, wie beim Fernsehkochen, vorgeführten Variationen der Selbstverteidigung mit Alltagsgegenständen weisen eine martialische Komponente auf, die Unbehagen erweckt, da die Grenze zwischen Verteidigung und Angriff fließend ist. Konkrete Handlungsanweisungen, konkretes Agieren, konkretes Denken, mit einem Hang zur Radikalisierung, das sind aktuelle Strömungen in der Kunst, die auch hier zu finden sind – und das völlig unprätentiös gelungen.
Mehr Texte von Nora Theiss

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Realness Respect
29.09 - 07.12.2012

Kunstverein Medienturm
8020 Graz, Josefigasse 1
Tel: +43 316 261 13 81-31, Fax: +43 316 261 13 81-30
Email: office@medienturm.at
http://www.medienturm.at


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