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Vasilena Gankovska: Stadt als Display für Mensch als Floskel

Manchmal sieht man Touristen in Wien, die ihrer am ausgestreckten Arm gehaltenen Kamera hinterher gehen wie ein Hund seinem Herrn. Während sie in Wien umhergehen, filmen sie Wien, und sehen Wien im Kameradisplay, wo es kleiner erscheint und konserviert. Zuhause werden diese Touristen Wien vermutlich noch sehr sehr oft sehen und sparen sich so vielleicht die Mühsal erneuter Reisen. Vasilena Gankovska geht auch durch Städte und malt hinterher kompilierte Ansichten, die in Rom spielen oder in einem Kaffeehaus oder in einer Parkanlage – die Personen dabei erinnern an die pseudoprivaten Fotoalben reiselustiger Facebookfreunde. So sieht man auf dem Bild „The Photographer 2“ (Öl und Spray auf Leinwand, 150x100, 2012) eine junge Frau in einer unbeholfenen Drehung verharrend, die Kamera griffbereit, wie sie über ihre rechte Schulter vom Betrachter weg in die linke Bildecke schaut, als wäre da noch was, das sie zu knipsen vergessen hätte. Ihre Körperhaltung chiffriert sozusagen die Mühe des Touristen, nichts zu verpassen – sie ist jung genug, um sehr kurze Hosen und ein nabelfreies Tshirt zu tragen, sie ist praktisch gekleidet und hat flache geschlossene Schuhe an und sie schleppt eine große Kamera mit – so ernsthaft wie Scarlett Johansson in „Vicky Christina Barcelona“. Silhouette, Kleidung und die minimale Mimik sind bei sämtlichen Figuren der aktuellen Arbeiten von Gankovska entweder mit schwarzem Edding aufgetragen oder in der durch Banksy zu Weltruhm gelangten Stenciltechnik gesprüht. Die Landschaft im Hintergrund ist dagegen farbig. Die Farben auf allen Bildern sind dezent bis gebrochen, entgehen dem Reisebürospektrum total und machen sich erhöht atmosphärischer Wirkung unverdächtig – sie erscheinen gewissermaßen kalkuliert gedimmt. Der Farbauftrag bleibt flach und wirkt äußerst geplant vollzogen, es gibt keine Flecken, Tropfen oder andere Verweise auf Handarbeit. Laub von Bäumen oder Buschwerk entsteht aus kunstvoll mit Grün umkurvten Leerflächen. Das Hauptaugenmerk der Malerin scheint auf dem Stil – elegant und äußerst knapp – zu liegen, man fühlt sich an Roy Liechtenstein und, was die Kompositionen betrifft, an Tim Eitel erinnert. Im Untergeschoss werden zwei in Kollaboration mit dem Künstlerkollektiv PERFEKT WORLD entstandene „Ausstellungsdisplay“-Arbeiten präsentiert, für die gerahmte Zeichnungen römischer Gebäude mit einem weiteren, Reisefilme projizierenden multimedialen Rahmen die Kommunikation mit dem Betrachter erweitert angehen sollen. Interessanterweise hat man noch von keinem Touristen gehört, er sei wegen der Bilder der anderen zuhause geblieben. Es wäre auch schade. Touristen sind gelegentlich der Stadtentwicklung enorm förderlich.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Vasilena Gankovska
31.05 - 21.06.2012

hilger contemporary
1010 Wien, Dorotheergasse 5
Tel: +43-1512 53 15, Fax: +43-1-513 91 26
Email: contemporary@hilger.at
http://www.hilger.at
Öffnungszeiten: geschlossen


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