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Communitas. Die unrepräsentierbare Gemeinschaft: Viel Schein im Gemeinsam-Sein

Die Camera Austria steht unter neuer Leitung und das merkt man, was das grafische Erscheinungsbild betrifft. Die inhaltliche Arbeit ist gewohnt stringent, gut recherchiert und dem Fotografischen verpflichtet. Maren Lübbke-Tidow und Reinhard Braun befassen sich in ihrem ersten gemeinsamen Jahr mit der Thematik der „Gemeinschaft“ – ein weites Feld im Spannungsbogen zwischen Individualisierung, Selbstverantwortung und Gemeinschaftsdenken und von höchster Aktualität. Im ersten Ausstellungsprojekt vereinen sie sieben sehr unterschiedliche Positionen, die sich mit Präsentationsformen von Gemeinschaft oder – wie der Titel anspricht – nicht repräsentierten Gemeinschaften auseinandersetzen. In all der inhaltlichen Befasstheit finden sich auch formal äußerst interessante Momente. So bildet eine Reihe von verschlierten Farbfotografien einen optisch spannenden Rahmen zu Heidrun Holzfeinds Projekt „Colonnade Park“ (2010), dem die Projektion eines Videos gegenübersteht, für das die Künstlerin Bewohner dreier Wohnblocks von Mies van der Rohe in Newark, New York, interviewt hat. Hier werden aufschlussreiche Perspektiven zu Nutzbarkeit und Nutzung von modernistischer Architektur ebenso wie zu sozialen Entwicklungen visuell sichtbar gemacht. Unter die Haut geht „On the Barricades“ von Sanja Ivekovic, eine Arbeit, die sie für die Gwangju Biennale 2010 gemacht hat, und die sie selbst als „lebendes Denkmal“ bezeichnet. Mit über 500 Porträts von Verstorbenen der Zerschlagung der Kommune von Gwangju vom Mai 1980, bei der ungefähr 2000 Menschen ihr Leben ließen, spricht sie ein Tabuthema südkoreanischer Geschichtsschreibung an. Die Anordnung von Flachbildschirmen, auf denen die Porträts, denen sie per Photoshop die Augen geschlossen hat, zu sehen sind, lässt eine fast sakrale Wirkung entstehen, die durch das fortwährende Summen eines Liedes verstärkt wird. Maryam Jafri schafft ein äußerst differenziertes Bild zum Thema „Independence Day“, indem sie mittels Archivaufnahmen ein in Kategorien strukturiertes Storyboard über dieses Ereignis in unterschiedlichen Ländern zusammenstellt. Jafri stellt „offizielle“ Aufnahmen solchen der Masse gegenüber und spricht damit Repräsentationsformen direkt an. Sabine Bitter und Helmut Weber bedienen sich ebenfalls Archivfotografien, jedoch solche, die von der Simon Fraser University, Vancouver, gemacht wurden, um Schäden durch Studierende zu dokumentieren, die während der 1968er Bewegung die Universitätsräumlichkeiten für Plenarsitzungen okkupiert hatten. Die „Nebenschauplätze“ sagen viel über das eigentliche Ereignis aus. Welch eine Aktualität!
Mehr Texte von Nora Theiss

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Communitas. Die unrepräsentierbare Gemeinschaft
09.04 - 19.06.2011

Camera Austria
8020 Graz, Kunsthaus Graz, Lendkai 1
Tel: +43(0) 316/ 81 555 00, Fax: +43(0) 316/ 81 555 09
Email: office@camera-austria.at
http://www.camera-austria.at
Öffnungszeiten: Di-Sa 10-17 h


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