Werbung
,

American International Fine Art Fair: Schönwetterkunst

Die Kunst- und Antiquitätenmesse in Palm Beach ist in den vergangenen Jahren kleiner geworden. Das finden einige Händler zwar gut, aber eine andere Sichtweise ist ebenfalls möglich. Denn weggeblieben sind vornehmlich die großen Namen. Das Problem der Messe ist nämlich ihre zeitliche Nähe zur Tefaf in Maastricht. Für Maastricht-Aussteller muss sich das Engagement in Florida dann schon sehr lohnen - und die Bäume wachsen auch im relativ reichen Florida nicht in den schönen azurblauen Himmel. Da bleiben dann nur die übrig, die die Tefaf nicht beschicken. Nicht nur, dass die Messe kleiner geworden ist, gut 70 Aussteller hat's heuer, auch das Angebot hat sich verändert. Nicht nur, dass sich hier wie anderenorts Nachkriegsmoderne und auch Zeitgenössisches etabliert haben (Altmeister und Klassische Moderne kommen kaum vor), was sich in den Vordergrund drängt ist, auf breiter Basis, das Dekorative. Hübsch und harmlos ist die Devise. Gegeben hat es das in Palm Beach schon immer, aber mittlerweile dominiert es, und das leider auch in qualitativ uneinheitlichem Vorkommen. Typisch ist vielleicht der Stand von Richard Green (London): Da hat's ein Deauville-Bild von Raoul Dufy, zwei Quadratanbetungen von Albers, eine der vielen Venedig-Veduten der Messe (hier von Rubens Santoro, 1859-1942), Cannes von Van Dongen und Trouville von Boudin, Nocturnen von Grimshaw und gerade einen Altmeister: Sprichwörter vom Pieter dem jüngeren Brueghel. Bei MacConnal-Mason (London) geht es im gleichen Sinne weiter: Zwei Mal Grimshaw (allerdings hervorragende), eine nostalgische Dampflok von Terence Cuneo, Windjammer von Montagu Dawson (um 1960!) - und man ist hier mit dem Messebeginn überaus zufrieden. Eigentlich immer zufrieden ist man bei Graff (London). Kein Wunder, denn der führende Edelsteinhändler der Welt bietet keine trüben Kiesel, sondern nur die reinsten und feinsten Kohlenstoffkompretten, vulgo Diamanten. Ein 100karäter in Tropfenform (pear shape), D flawless natürlich, an einem Halsband aus weiteren größeren Steinen - wenn da einem die 44 Millionen nicht schon freiwillig aus der Geldbörse springen! Ansonsten dominieren, bei geringem Skulpturenangebot, das 19. und frühe 20. Säkulum. Bei Trinity House (London und Broadway, Cotswolds) ein tagträumerisches Gemälde von Eug?ne von Blaas, seine Frau stand Modell. Ein weiteres, bei der Willow Gallery (London), zeigt in halber Lebensgröße eine die Ärmel aufkrempelnde Wäscherin - typische "pack mers"-Idelogie des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Nochmal Fortschrittsglaube und Zukunftszuversicht: Der Baron Jean Antoine Th?odore Gudin war ein französischer Maler, der lange in Amerika tätig war. 1853 schuf er ein Gemälde, The New World, 100x130 cm, das eine urbewaldete Küste bei sonnenaufgang zeigt. Vorn, klein, auf einem Baumstamm, ein Indianer, melancholisch in die Ferne schauend. Die Zukunft, der Sonnenaufgang der Bleichgesichter, ist für ihn eher der Sonnenuntergang. Das goldene Bildlicht spiegelt den Glanz des Preises wieder: 475.000 Dollar. Afrodit aus Ankara hat Sammlerteppiche, Peter Finer, der vor einigen Jahren das ganze Herzogtum Braunschweig aufgekauft hat, bietet Rüstungen und allerlei alte Schlag-, Hieb- und Stich- sowie Schusswaffen an. Schmuck gibt es wie überall auch hier reichlich (u. a. David Webb, John Atzbach aus Redmont, WA), Eostone macht in Fossilien und Zeiss-Ferngläsern von Kriegsschiffen (nicht nur deutschen; etwa von 8500 bis 15.000 Dollar), Nöth (Ansbach) ist mit Cucuel, Dill und Xenia Hausner da, der einzige Österreicher auf der Messe ist der Warhol-dealer Rudolf Budja (Wien, Graz, Salzburg). Jetzt schon grösseren Erfolg als im Vorjahr hat Terminus (München). Terminus-Chef Willi Grusdat zum artmagazine.cc: "die Messe ist gut besucht, das Publikum hervorragend - und: auch unsere alten Kunden kommen wieder. Das ist eine gute Entwicklung." Terminus hat unter anderem zwei phantastische Wandobjekte von Aneesh Kapoor und bietet den jungen Künstler Jan Davidoff mit großen Bildern für 8000 Dollar an. Früher gab es einmal vier Antikenhändler auf der Messe, jetzt halten nur Oliver Habel und Christian Niederhuber (Numisart, München) das Fähnlein aufrecht. Und punkten u.a. mit einem römischen Sarkophagrelief des 2. Jahrunderts (210.000 Dollar). Viel war von Veduten die Rede . Die vielleicht Schönste (für 110.000 Dollar bei der Willows Gallery) stammt von Jean Dufy und zeigt, in lockerem Pinselstrich, et hillije Kölle (das heilige Köln).
Mehr Texte von Gerhard Charles Rump †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

American International Fine Art Fair
05 - 13.02.2011

Palm Beach County Convention Center
33401 West Palm Beach, 650 Okeechobee Boulevard
http://www.palmbeachfl.com/


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: