Werbung
,

Mit uns ist kein (National)Staat zu machen: Zur Lage der Nationen

„Der Staat ist tot. Lang lebe der Staat.“ Dieser Ausspruch, der zu Zeiten der Monarchien auf deren Fortbestand anspielte, hat nichts an Aktualität eingebüßt. Denn der Nationalstaat, im Kontext von Globalisierung und EU vielfach totgesagt, wird jüngsten Umfragen zufolge noch immer als eine der wesentlichen identitätsstiftenden Einheiten angesehen. Ausländerfeindlichkeit und eine haarsträubende Asylpolitik sind da wie das Amen im Gebet. Dass es in einem politischen Klima der Ausgrenzung an Gegenstimmen bedarf, zeigen die Kuratoren Ursula Maria Probst und Walter Seidl nun anhand von 14 Positionen. Eröffnet wurde die Ausstellung noch vor der Wien-Wahl 2010. Der Zeitpunkt hätte also nicht besser gewählt sein können. Einige der beteiligten Kunstschaffenden haben selbst Migrationshintergrund. So etwa Anna Jermolaewa, die 1989 von St. Petersburg nach Österreich flüchtete. Mit einer verstörenden Toninstallation konfrontiert sie den Besucher. „Essen! Essen! Jamjam! Jamjam!“ schallt es aus dem Lautsprecher. Die Künstlerin verarbeitet hier ihre Erinnerungen an die Essensausgabe im Flüchtlingslager Traiskirchen, in dem sie sich nach ihrer Ankunft in Österreich aufhalten musste. Die existenzielle Grundstimmung von Asylwerbern lässt Ovidiu Anton eindringlich nachvollziehen: „Zeit totschlagen und Umgebung beobachten“ titelt seine Video- und Diainstallation, in der er die Flucht seines Vaters von Rumänien nach Österreich nachzeichnet. Lautstarken Protest gegen Ausländerfeindlichkeit erhebt Petja Dimitrova in grafittiähnlichen Wandtexten. Ironische Untertöne schwingen dagegen in Michail Michailovs Buntstiftzeichnung mit: Der Angst vor dem Fremden gibt er anhand von afrikanischen Tieren symbolisch Gestalt. Dicht aneinandergedrängt formen sie die geografische Karte Österreichs. Ebenfalls humorvoll und dennoch kritisch auch Hansel Satos und Lena Lapschinas Annäherungen an das Thema Migration: Während Lapschina Asylwerbende, die als Putzfrau oder Zeitungsverkäufer arbeiten, als Managementexperten auftreten lässt, kontert Sato mit seiner als Boulevard-Blatt getarnten antirassistischen Zeitung auf die gängigen massenmedial verbreiteten Vorurteile. Insgesamt ist den Kuratoren durch die Auswahl der Beiträge gelungen, was in den meisten politischen Debatten fehlt. Nämlich eine differenzierte Sicht auf die Themen Ausschluss und Integration zu ermöglichen. Dass sich ihr Blick dabei nicht nur auf Österreich und die auf ethnischen Unterschieden basierenden Ausgrenzungsmechanismen beschränkt, zeigt sich nicht zuletzt anhand der auf Video dokumentierten Lectureperformance der Künstlerin Ana Hoffner, die Themen wie Identität und Gleichberechtigung aus der queeren Perspektive analysiert.
Mehr Texte von Manisha Jothady

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Mit uns ist kein (National)Staat zu machen
01.10 - 11.12.2010

Kunstraum Niederoesterreich
1010 Wien, Herrengasse 13
Tel: +43 1 90 42 111, Fax: +43 1 90 42 112
Email: office@kunstraum.net
http://www.kunstraum.net/de
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-19, Sa 11-15 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: