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Die kurze Zeit der Blüte

Vor fünf Jahren fand im Architekturzentrum Wien die Ausstellung „The Austrian Phenomenon 1956–1973“ statt, die sich mit einer Periode in der österreichischen Baukultur beschäftigte, die zweifelsohne zu den spannendsten überhaupt zählte. Radikal, avantgardistisch und experimentierfreudig, etwas was man mit der Kulturpolitik Österreichs dieser Zeit ganz sicher nicht verbindet. Mit der Ölkrise 1973 setzte ein Umdenken ein und vieles schien vorbei zu sein. Die soeben erschienene gleichnamige Publikation fasst diese außergewöhnliche Zeit nochmals zusammen, nicht als verspäteter Katalog, sondern als vielseitige „Materialsammlung“, wie Johannes Porsch, Kurator der damaligen Ausstellung und redaktionell verantwortlich, in seiner Einleitung schreibt. Er will dieses über 1.000 Seite starke Buch als „ergiebige Grundlage für Recherche“ verstanden wissen, wenngleich es kein vollständiges Nachschlagewerk sein kann: „Auslassungen, nicht Gewusstes oder Gefundenes sind auch für dieses Buch unvermeidlich“, ergänzt er. Und dennoch muss man dem Redaktionsteam gratulieren, denn das, was hier an Projekten, Bildern, Dokumentationen und Texten zusammengetragen wurde, ist beachtlich und erstaunlich; eine redaktionelle Sisyphusarbeit-Arbeit, die ihresgleichen sucht. Umso spannender für den Leser, sich in diese Zeit hineinfallen zu lassen und zu staunen, denn vieles liest sich, als ob es heute entstanden wäre: Hans Holleins 'Superstructures' und seine 'Flugzeugträgerstadt' kennt man. Vieles andere wie die 'Rooftop Oasis Structures' oder das 'Überleben in der verschmutzten Stadt' von Haus-Rucker-Co, der 'Great Vienna Expander' von ZÜND-UP oder Friedrich St. Florians 'Continiuos Vertical Space' sind heute zwar noch immer aktuell, allerdings nicht so bekannt wie Holleins Utopien. Und gerade dieses Anliegen, nicht beim Bekannten zu aufzuhören, sondern weiter zu suchen, ist das Besondere dieser Publikation. Zusätzlich zu den Zeitdokumenten finden sich Kommentare von Autoren wie u.a. Friedrich Achleitner, Joseph Rykwert, Dietmar Steiner oder Peter Weibel. Und als „Bonus Track“ werden im Anhang die Hefte der berühmten und bis heute am Architekturmagazin-Sektor nicht übertroffenen Zeitschrift der BAU der Jahre 1965-1970 reproduziert. Bleibt die Frage, waren diese Jahre nur „Jugendsünden“ einer neuen Generation? 1970 schrieb Peter Cook noch optimistisch: „Irgendwo werden die Stadt- und Technologiefiktionen Wiens zum Ausdruck kommen.“
Mehr Texte von Andrea Nussbaum

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