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abc art berlin contemporary: Drafts establishing future: Apfel oder Brot? (Teil 2)

Die alte Akademie der Künste am Hanseatenweg im sogenannten Hansa Viertel in Berlin ist ein ehrwürdiges Gebäude. Im Jahre 1960 eröffnet, befindet sich das Gebäude heute in einer Art Dornröschenschlaf, aus dem es aus mehr oder weniger triftigen Gründen von Zeit zu Zeit erweckt wird. Das geschieht diesmal zum Anlass des Kunstherbsts in Berlin mit einer Präsentation, die in vielfältiger Weise beispielhaft ist. Sie trägt den seltsamen Titel abc def und hinter dem Alphabet verstecken sich zwei Akronyme. Hinter abc verbirgt sich art berlin contemporary und unter dem gleichen Titel präsentierte sich im letzten Jahr eine Interessengemeinschaft Berliner Galerien im Postbahnhof am Gleisdreieck. Das war ein gelungener Auftakt, aber die diesjährige Präsentation ist eine fulminante Fortsetzung. Das liegt sowohl auch am Ort als auch an der Tatsache, das man von Seiten der Organisatoren das zweite Akronym auch ernst genommen hat: hinter def versteckt sich so 'drafts establishing future' (Entwürfe erstellen Zukunft). Die Zukunft besteht aus Entwürfen für eine Stadt. Das 'Spielfeld' für diese Entwürfe bildet die Inkunabel eines Arbeittisches, das Gestell Nr.1 von Egon Eiermann, im Jahre 1953 entworfen. Die Ausstellungshalle wird mit 64 Exemplaren dieses Tisches bespielt und das Ergebnis ist eine gelungene Ausstellung, die ihren Messecharakter verloren hat und eine Konkurrenz zu den eingespielten Kunstinstitutionen der Stadt bilden kann. Die sehr unterschiedlichen Entwürfe halten sich an die Vorgabe, aber zuweilen finden sich auch Rückgriffe auf das Utopische. Da gibt es schöne Referenzen wie bei Heimo Zobernig und Yona Friedman. Ersterer hat einfach 90 rote und blaue Holzwürfel auf den Tisch gewürfelt und betitelt es die Arbeit mit 'Das ist es'. Wer dann vor dem Beitrag von Yona Friedman steht, wird unwillkürlich an Zobernig erinnert. Damit man die Galerie auch findet, die hinter der jeweiligen Künstlerfigur steht, muss man nur auf den Boden blicken. Bei Zobernig trifft man da auf die Galerie Anselm Dreher. Diese Zurückhaltung in der Referenz auf die jeweiligen Galerien hat und ist Methode. Das merkantile Momentum wird in den Hintergrund gerückt und selbst im Katalog zur Ausstellung, die dem Messekatalog zur ART Basel an Umfang gleich kommt, werden die Galeriennamen klein geschrieben. Will sich diese 'Messe' als eine Art Institution verstehen? Schließlich bemüht sie sich auch darum, ein paar der 'drafts' Wirklichkeit werden zu lassen. Und im Vorwort wird auf den 'Skulpturenboulevard' in Berlin im Jahre 1987 verwiesen. Werden die Galerien zu einer öffentlich wirksamen Agentur, die in einer public private partnership zu den gewohnten Institutionen wie Museen und Kunsthäusern in Konkurrenz treten? Das mag durchaus Methode und Sinn haben, denn die öffentlichen Institutionen werden bekanntermaßen immer mehr ausgehungert. Kann der Staat an der schleichenden Übernahme ein konkretes Interesse haben? Es sieht danach aus. Die Beweispflicht für das Gegenteil liegt bei den staatlichen Institutionen.
Mehr Texte von Thomas Wulffen †

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abc art berlin contemporary: Drafts establishing future
23 - 27.09.2009

Akademie der Künste Hanseatenweg
10557 Berlin-Tiergarten, Hanseatenweg 10
Tel: +49 0 30 200 57 20 00, Fax: +49 0 30 57 21 75
http://www.adk.de


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