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Owen Land - Dialogues: Kakophone Berieselung

Mit dem Amerikaner Owen Land (geb. 1944) ist ein Pionier des „strukturellen Films“ zu Gast in der Kunsthalle Bern, die sich für die Dauer der Ausstellung in eine Black Box verwandelt hat. Owen Land beherrscht sein Handwerk und weiss, was das Publikum unter Avantgardefilm versteht. Im „Film in which there appear Edge Lettering, Sprocket Holes, Dirt Particels etc.” von 1965/1966 beispielsweise sind alle störenden Nebenerscheinungen auf Zelluloid gebannt, die eigentlich tunlichst zu vermeiden sind: Staub, Kratzer und Randbeschriftungen fliegen in hoher Geschwindigkeit über ein statisch abfotografiertes Bild eines Mädchens, so dass im Gegensatz zwischen Bewegung und Ruhe die Materialität des Films und das Sehen zum eigentlichen Thema werden. Der Filmhistoriker P. Adams Sitney beschreibt feste Kameraeinstellung, Flicker-Effekte, Endlosschleifen und mechanische Verfahren wie abfilmen, zerkratzen und schmelzen als stilistische Merkmale dieser Spielart des Avantgarde-Kinos. Doch die Kunsthalle macht es dem Betrachter nicht leicht in den Genuss der Werke Lands zu kommen. Der Titel der Ausstellung, der „Dialogues“ heisst, meint keineswegs den Dialog zwischen Betrachter und Werken, sondern bezeichnet das selbstreflexive Gespräch zwischen den Werken untereinander. Betrachter sind in diesem Konzept eher störend und eigentlich nicht vorgesehen, denn nur so ist die Präsentation von drei überaus lautstarken Videos in einer Dunkelkammer zu verstehen, die miteinander kommunizieren, ein Verstehen der gesprochenen Dialoge aber nicht mehr erlauben. So weist der gedruckte Saalführer zwar auf die „urkomischen“ Wortspiele und den Witz in Lands Erzählungen hin, liefert jedoch weder einen Textauszug noch eine Übersetzung, geschweige denn eine Erläuterung, worin sich dieser Witz denn nun konkret zeigt. Wenn die gezeigten Arbeiten aber vor allem US-Filme aus den 1960-er und 1970-er Jahre parodieren, dann speist sich der Witz aus Sprachverständnis und Wiedererkennungseffekten, die wohl nur bei ausserordentlich cinéphilen Museumsbesuchern hervorgerufen werden. Und wenn nicht weiter erläuterte Stichworte wie „Mythopie“ oder „Platonischer Dialog“ auf einen niederprasseln, wollen sich die Lacher auch nicht so recht einstellen. So findet sich der Betrachter in der Berner Kunsthalle in einem Paradoxon wieder: In einer Ausstellung, die einen weitgehend daran hindert, sich eingehend mit der präsentierten Kunst zu beschäftigen, wird auf die sprachlichen und inhaltlichen Feinheiten dieser Werke im Rückbezug auf ihren soziokulturellen Kontext hingewiesen, den man leider nicht nachvollziehen kann, da die Werke als Installation nur untereinander, aber bedauerlicherweise nicht mehr mit dem Betrachter kommunizieren wollen; aber vielleicht liegt ja hierin der Reiz des Avantgarde-Kinos von Owen Land.
Mehr Texte von Sylvia Mutti †

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Owen Land - Dialogues
04.04 - 17.05.2009

Kunsthalle Bern
3005 Bern, Helvetiaplatz 1
Tel: +41 (0) 31 350 00 40, Fax: +41 (0) 31 350 00 41
Email: info@kunsthalle-bern.ch
http://www.kunsthalle-bern.ch
Öffnungszeiten: Mi - So 10.00 - 17.00, Di 10.00 - 19.00


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