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1945 Liberation ... 1968 Occupation. Die Sovjetarmee in der Tschechoslowakei : Die kurze Zeit des Aufbruchs

Vierzig Jahre nach dem „Prager Frühling 1968“ ist ein Anlass für das Museum „House of Photography“ dem Besucher die damaligen Ereignisse wieder vor Augen zu führen. Der Anspruch der Organisatoren lag offenbar darin, die Geschichte der Tschechoslowakei seit 1945 bis 1968 den Besuchern wahrheitsgemäß vor Augen zu führen. Statt die Perspektive auf die Ereignisse im Jahre 1968 zu erweitern, und folglich zum Beispiel Fragen nach einer Erinnerungskultur aufzuwerfen, hat die Schau einen rein dokumentarischen Charakter. Vor allem aber, will man den „Prager Frühling“ offenbar mythologisieren, was folgende Gründe haben kann: Das Experiment, einen „Sozialismus mit menschlichen Antlitz“ zu etablieren, werden aus heutiger Sicht in Tschechien und der Slowakei als endgültig gescheitert angesehen. Denn folglich ist die Idee des „Dritten Weges“ nach 1989 durch die Entscheidung für das westliche Demokratiemodell abgelöst worden. Für viele Tschechen und Slowaken ist 1968 auch untrennbar mit der Zerstörung der Hoffnungen einer ganzen Generation verbunden. Kurz sei hier erinnert: Im Jahr 1968 versuchten in der Tschechoslowakei Reformer wie Alexander Dubcek einen weitreichenden Prozess der Demokratisierung einleiten. Überall im Ostblock löste dieser Prozess eine Hoffnung auf Veränderung aus. Lang währte diese nicht. Am 21. August 1968 marschierten Truppen des Warschauer Paktes ein und setzten der Entwicklung ein gewaltsames Ende. Der Prager Frühling, die kurze Zeit der Hoffnung, war durch die Niederschlagung durch Truppen des Warschauer Paktes schmerzlich beendet worden. Ein eiskalter Guss: Nicht nur in Prag, sondern auch für die restliche Welt. Für viele ist der Traum einer strahlenden sozialistischen Zukunft bereits hier begraben worden. In den Räumen der „Gallery Manes“ sind eine Reihe Fotos zu sehen, die damals um die Welt gingen. Allerdings konnten damals Fotografen wie Josef Koudelka nicht unter Ihrem richtigen Namen veröffentlichen. Viele Bilder wurden unter Pseudonymen zu Symbolen des revolutiären Geschehens. Heute kann einiges durch die Ausstellung wieder richtig gestellt werden. Dazu gehört auch die schwarz- weiß Fotografie von Ladislav Bielik. Sie zeigt einen Mann, der aus Courage sich mit entblößtem Hemd einem sowjetischen Panzer in den Weg stellt. Wie kein zweites Foto verbildlicht es, den Mut der dieser Zeit anhaftete. Ladislav Bielik schaffte es auch, die ersten Tage vom Einmarsch des Warschauer Paktes 1968 aus der Stadt Bratislava einzufangen. Aber es gibt aber auch Bilder die über die anfängliche Freude sprechen mit denen die Rote Armee 1945 zunächst empfangen wurde. Menschen die auf der Strasse tanzen, und Soldaten Blumen zuwerfen. Im Jahre 1968 ist nichts mehr von dieser Freude übrig. In den Gesichtern jener Tage des Frühling 1968 lässt sich die Enttäuschung und der Ärger als auch eine gewisse Hoffungslosigkeit ablesen. Mit dieser Gegenüberstellung geschichtlicher Ereignisse „Der Befreiung 1945 und der Okkupation 1968” will das Projekt der Öffentlichkeit einen Blick auf die Ereignisse in einem breiteren Kontext bieten. Aber ist das wirklich genug, wenn es um dieses Thema geht? In Frankreich und Deutschland wird aus der 68er Revolution ein Medienereignis gemacht, im heutigen Tschechien und der Slowakei hätte man vielleicht mehr Grund, dazu eine breitere öffentliche Diskussion über die Bedeutung dieses Ereignisses zu entfachen. Denn der Prager Frühling bleibt ein Reformversuch mit sehr speziellem Charakter. Über dieses Ereignis sprechen zum Beispiel Beobachter wie der deutsche Schriftsteller Rolf Schneider: "Vor diesem Hintergrund erschienen uns die über das Fernsehen verfolgbaren Aufmärsche in Westdeutschland, wo man mit roten Tüchern und dem Ruf nach Rätedemokratie auf den Straßen umherlief, irrelevant, kindisch und unendlich weit weg." Ein kurzer Blick auch darüber wie unterschiedlich dieses Ereignis in Europa und der Welt wahrgenommen wurde, wäre sicher auch ein interessanter Aspekt für diese Ausstellung gewesen.
Mehr Texte von Berenika Partum

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1945 Liberation ... 1968 Occupation. Die Sovjetarmee in der Tschechoslowakei
05.08 - 05.10.2008

Prague House of Photography
110 00 Prag, Revolucni 5/1006
Email: php@ecn.cz
http://www.phpweb.cz/


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