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Figurative Zeichnungen: Option Gegenwart

Die Debatte um soziokulturelle Topoi und die Konjunktur einer psychopolitischen Auseinandersetzung mit Bildklischees der Massenmedien lässt die Ausstellung in der Galerie im Traklhaus über die zunächst durch den Titel „Figurative Zeichnungen“ suggerierten Rahmenbedingungen hinausgehen. Nicht zuletzt beeinflusst von Jean Francois Lyotards postmoderner Absage an einen universalistischen Erzählmodus trifft Lóránd Hegyi mit Dietgard Grimmer in der Galerie im Traklhaus unter dem Aspekt eines „nomadischen Narrativen“ eine rege Auswahl österreichischer und französischer KünstlerInnen. Obwohl eine Art von Übereinstimmung darüber existiert, dass die Zeit der großen Erzählungen längst der Vergangenheit angehört, dringen in der Gegenüberstellung der Zeichnungen von Iris Andraschek, Rebecca Bournigault, Maria Bussmann, Barbara Eichhorn, Gunda Gruber, Francoise Pétrovitch, Barthélémy Toguo und Jean-Luc Verna durch die Neigung zum Figurativen eine Fülle von Gegenerzählungen ins Bild. Unbestreitbar liegt eine Qualität der Ausstellung im Mix unterschiedlicher Zugänge. Übergriffe auf intime Soziotope, die nicht zwangsläufig die eigene Geschichte erzählen, gehören zu den Charakteristiken von Barbara Eichhorns Zeichnungen. Anders als das picknickartige, idyllische Aufeinandertreffen von Hund und Mensch den Anschein erweckt, geht es hier nicht um die Leidenschaften einer Hundliebhaberin, sondern um jene emotionalen Perversionen, die durch die zunehmende Vereinsamung und Isolation des Einzelnen eintreten. Bildtitel wie „Forbidden Love“ (2007) oder „We forgot to kiss our love“ (2008) legen in den großformatigen mit Kugelschreiber ausgeführten Zeichnungen die narrative Spur. Mit einer lakonischen Drastik häutet Jean-Luc Varna das Medium und lässt seinen Zugang als Performer und Hang zur Selbstinszenierung mit Tattoos und Piercings durch rauhe Oberflächen einfließen. Spuren des Zeichenprozesses wie Flecken oder Fingerabdrücke treten zu Tage, ein subtiler Widerspruch zwischen Authentizität und Auflösung des Selbst auf der Suche nach gesellschaftlichen Gegen- und Lebensmodellen dringt durch. Spannende Parallelen existieren in den vermummten Gesichtern von Iris Andraschek und Rebecca Bournigault. Während Rebecca Bournigault Fotografien und Videos als Ausgangsmaterial wählt und mediale nationalistische Paranoia- auf Entblößungsstrategien der Pornoindustrie treffen, ist es im Werk von Iris Andraschek eine zeichnerische Souveränität durch welche absurde Szenarien mit aphoristischen politischen Texten konterkariert werden. Gunda Gruber verfährt filmisch in ihren Zeichnungen durch dunkle und dramatische Aspekte von Film-Noir-Reminiszenzen, deren architektonische Verschränkungen sich zu Psychogrammen aufladen. Die Zeichnungen von Maria Bussman zitieren im Titel Martin Heideggers philosophische Schrift „Sein und Zeit“, spannen labyrinthartige Verflechtungen und changieren zwischen Grund und Oberfläche durch minimale Schattierungen. In Francoise Pétrovitch Zeichnungen werden psychologische Projektionsfelder durch Verdoppelung des Selbst geschaffen. Das performative Moment lässt hier ein ästhetisches Unbewusstes zu, welches das „untote“ Subjekt in Kontakt mit dem Realen seines Triebes setzt. Aufschlussreiche Einblicke in die Komplexität und programmatischen Herausforderungen, der sich ein subtiles Medium wie die Zeichnung heute stellt, werden durch ein Ineinanderverspannen von psychischen Erfahrungen, soziopolitischen Realitäten und fiktiv-imaginativen Bildsituationen geboten.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Figurative Zeichnungen
08.08 - 13.09.2008

Kunst im Traklhaus
5020 Salzburg, Waagplatz 1a
Tel: +43 662 8042-2149, Fax: +43 662 8042-3078
Email: traklhaus@salzburg.gv.at
http://www.salzburg.gv.at/traklhaus
Öffnungszeiten: Di - Fr. 14.00 bis 18.00 Uhr, Sa 10.00 bis 13.00 Uhr


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