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Eine andere Stadt, ein anderes Leben: Stillstand und Bewegung

Seit Anfang April können Passanten folgenden Satz des Künstlers von Lukasz Gronowski lesen: „Du kannst mehr aus Dir machen!“. Zu sehen ist diese Botschaft auf einer Videoleinwand des Einkaufzentrums „Sezam“ an der Kreuzung Marszalkowska und Swietokrzyska im Zentrum Warschaus. Kurze Einblendungen von Videos, zwischen den normalen Werbepausen, zeigen Menschen die Handlungen - meist Liegestützen oder Handstand - bis zur Erschöpfung durchführen. Die Botschaft die Gronowski damit den Warschauern sagen will hat mit den Neuen wirtschaftlichen Aufschwung zu tun. Für den 29 Jahre jungen Künstler ist die Hauptstadt Polens eine Stadt in der jeder aktiv sein muss, das schnelle Tempo der Stadt ermutigt wohl jeden der hier lebt. Selbst wenn die Figuren von Gronowski stehen, sind sie in Bewegung. Die Installation des Künstlers Truths, die im Park (Saski) ebenfalls seit April zu finden ist, hat eine weniger optimistische Aussage. Es ist eine geometrische Konstruktion aus vier schwarzen Balken. Der minimalistische Stil und das moderne Design wirken befremdlich und sind auch so beabsichtigt. Der Titel sagt es. „Stoisko“ - zu Deutsch: Verkaufsstand oder Marktbude - ist eine Fantasie über den idealen Ort des Verkaufs. Indem die so modern wirkende Konstruktion im Park der Natur ausgesetzt ist, die ebenso unberechenbar erscheint wie die Passanten die diese Installation zerstören können, stellt der Künstler im Gegensatz zu seinem Kollegen große Modernisierungsprojekte in Frage. Der städtische Raum Warschaus ist noch mit weiteren Arbeiten versehen und es werden wohl bis Ende Juni noch weitere dazukommen. Das alles ist der Galerie Zacheta zu verdanken, denn diese rief mit der Aktion unter dem Titel „Eine andere Stadt- ein anderes Leben“ Künstler auf, sich zum Thema der Veränderung Warschaus zu äußern. Die Idee ist es, zu hinterfragen wie der Systemwechsel sich auf unterschiedliche innerstädtische Wandlungsprozesse ausgewirkt hat. Dabei wird nicht nur auf die Stadt Warschau Bezug genommen, auch andere Städte im Transformationsprozess werden thematisiert. Außer den Arbeiten im öffentlichen Raum Warschaus sind in den Räumen der Galerie Zacheta mehrere Videoarbeiten internationaler Künstler zu sehen die sich mit diesen Veränderungen von Städten wie Bukarest, Budapest, Prag, Zagreb, Skopje u.a. auseinandersetzen. Unter diesen findet sich auch die Arbeit der in Sarajevo geborenen Künstlerin Nada Prlja die soziale Veränderungen, die eine neues System wie der Kapitalismus mit sich bringt, zum Thema ihrer Arbeit macht. Sie beschäftigt sich mit einer Glasfabrik in der 1994 über 800 Angestellte ihre Arbeit verloren hatten. Die Glasfabrik, sowie weitere Geschäfte konnten den neuen Bedingungen nicht standhalten. Die Künstlerin zählt laut die entlassenden Arbeiter/innen, nennt sie nicht beim Namen, sondern verteilt ihnen Nummern. Neben den älteren Projekten zum Stadtraum, die das Thema in einen größeren Kontext einbetten, beinhaltet die Ausstellung neue, für das Projekt konzipierte, Arbeiten. Diese werden im öffentlichen Raum von Warschau bis Ende Juni realisiert und anschließend in der Zacheta Galerie gezeigt. Der Blickwinkel aus postsozialistischer Perspektive auf die Stadt ist vielleicht berechtigt auch wenn er manchen fragwürdig erscheint und viele Warschauer ihre Stadt bereits gern als eine westliche Metropole sehen würden. Ist sie doch für die einen nur ein riesiges Agglomerat und für die anderen eine der am schnellsten wachsenden Hauptstädte des neuen Europa.
Mehr Texte von Berenika Partum

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Eine andere Stadt, ein anderes Leben
09.04 - 31.07.2008

Zacheta National Gallery of Art
00-916 Warsaw, Pl. Malachowskiego 3
Tel: +48 22 827 58 54
Email: rzecznik@zacheta.art.pl
http://www.zacheta.art.pl
Öffnungszeiten: Di - So 12:00 - 18:00


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