Werbung
,

Magnum. 10 Sequenzen. Wie das Kino Fotografen inspiriert: Ansatz zum großen Wurf

Anhand 10 ausgewählter Fotografen unterschiedlicher Generationen der Foto-Agentur Magnum wird in zehn Räumen des CCCB durchdekliniert, wie die Fotografen in Bezug zum Kino und zum Film stehen - und die Ausstellung lotet das Verhältnis von bewegtem zum stillen Bild, von inszenierter Realität im Film und scheinbarer Realität in der Fotografie aus. Genauso persönlich, wie sie in ihren einleitenden Texten am Eingang zu dem jeweiligen Ausstellungsraum die Initialzündung eines Filmes für ihre eigene Arbeit schildern, genauso individuell und interessant ist auch die jeweilige Präsentation von Film und fotografischer Arbeit. So entdeckte Abbas mit 16 Jahren den Film „Paisà“ von Roberto Rosselini. Abbas, der 1944 im Iran geboren wurde, sah den Film in Algerien, als dort Krieg herrschte. Rosselinis Film handelt von Italien im 2. Weltkrieg. Während der Ort des Geschehens nicht von Bedeutung ist, so ist doch das Thema umso bedeutungsvoller für den beruflichen Werdegang von Abbas: Der Film beeinflusste ihn, Fotograf zu werden, weil er einen Film über Krieg sah, als um ihn herum tatsächlich Krieg herrschte. Warum er sich dann aber nicht dazu entschloss, Filmer zu werden, bleibt sein Geheimnis. Seine S/W-Fotos zeigen Menschenmassen im Aufstand, aktive Soldaten mit Maschinenpistolen und Leichen im Leichenschauhaus. An zwei Wänden entlang über Eck laufen seine Fotos in einem horizontalen Band ab wie Stills eines Films. Über und unter dem Band sind an einer Wand 2 Flachbildschirme angebracht, die Rosselinis Schwarzweissfilm zeigen. Die Gesamtpräsentation erscheint – passend zum Thema – wie ein Kreuz. Alec Soth, 1969 in den USA geboren und in Minneapolis lebend, stellt mit seinen Farbfotografien von 36 Kinos aus Texas einen Bezug zum S/W-Film „Im Lauf der Zeit“ (1976) von Wim Wenders her. Soth bereiste das Land wie Bruno in Wenders Roadmovie, der mit seinem neuen Kumpel per Motorrad und Sozius durch die Lande zieht und Kinoprojektoren in einem vom Kinosterben bedrohten Zonenrandgebiet Deutschlands repariert. Während Soths großformatige Farbaufnahmen den Raum dominieren, wirkt der im kleinen Flachbildschirm gezeigte S/W-Film (ohne Ton) wirklich wie ein Zitat, eine Fußnote. Herausragend, spannend und gut gemacht ist Harry Gruyaerts collageartige Ineinanderschachtelung durch Abfolge, Überblendungen und Doppelprojektionen von seinen Fotografien und 3 von Michelangelo Antonionis Filmen, dessen laufende Bilder wie Filmstills erscheinen und die Fotos echoartig die Stimmung der Filme wiedergeben. Die Ausstellung zeigt vielfältige Ansätze der Auseinandersetzung mit Film- und Kinoerlebnissen für Fotografen, aber sie bleiben auf einer sehr individuellen und fast zufälligen, schicksalhaften Ebene, ohne allgemeingültige Aussagen treffen zu können. Die Fotos wirken wie ein dokumentierender Beweis zum jeweiligen Film und der Bezug erschließt sich nur durch die einführenden Texte der Fotografen. Der große Wurf des durchaus spannenden Themas ist es daher leider nicht geworden.
Mehr Texte von Ulrike Lehmann

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Magnum. 10 Sequenzen. Wie das Kino Fotografen inspiriert
23.04 - 07.09.2008

CCCB Centre de Cultura Contemporània de Barcelona
08001 Barcelona, Calle Montalegre 5
http://www.cccb.org/


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: