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Die Leopold Museum Privatstiftung und der Schutz des Rechts auf Eigentum

Ein Kommentar zum Wunsch nach Änderung des österreichischen Kunstrückgabe-Gesetzes Was haben die Leopold Museum Privatstiftung und der Schutz des Eigentumsrechts miteinander gemein? Viel, sehr viel. Die kürzlich auf einer Pressekonferenz vorgestellte gutachterliche Rechtsmeinung von Univ. Prof. Dr. Georg Graf beschäftigt sich mit behaupteten Ansprüchen in Bezug auf diverse Bilder, die sich im Eigentum der Leopold Museum Privatstiftung befinden. Sämtliche Kunstwerke seien ihren ehemaligen Eigentümern während nationalsozialistischer Herrschaft in Österreich entzogen worden. Nach der späteren Rückstellungsgesetzgebung ist darunter der "...eigenmächtige, auf Grund von Gesetzen oder anderen Anordnungen, insbesondere durch Rechtsgeschäfte und sonstige Rechtshandlungen ..." erfolgte Entzug des Vermögens zu verstehen, von dem damals vor allem politisch verfolgte jüdische Mitbürger betroffen waren. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs hatte Rudolf Leopold die Bilder zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Weisen erworben. Untersucht wurden die Fragen, 1) ob die Bilder nach den juristischen Regeln des bürgerlichen Rechts gesetzmäßig in sein Eigentum gelangt sind sowie, 2) ob er über den stattgefundenen Vermögensentzug Kenntnis hätte haben müssen. Bekanntlich setzt ein gültiger Eigentumserwerb auch das Eigentum des Vormannes, also des Verkäufers voraus. In einem solchen Fall kommt es auf die etwaige Kenntnis des Erwerbers über die Vorgeschichte des Kaufobjektes nicht an. Anders ist es, wenn der Vormann nicht Eigentümer war. Diesfalls kann man nur "gutgläubig" erwerben, d.h. als Käufer musste man den Verkäufer für den "wahren" Eigentümer halten bzw. halten dürfen. Rudolf Leopold habe einige dieser Bilder von Nichteigentümern gekauft, und ihm unterstellend, dass er davon wußte, liege mangels Redlichkeit juristisch kein einwandfreier Erwerb vor. Diese Bilder wären auch heute nicht sein bzw. der Stiftung Eigentum, sondern jenes der Erben oder der Republik. In den anderen Fällen, wo nachweislich oder vermutlich gültig vom Vormann erworben wurde, wird eine Änderung des Kunstrückgabegesetzes vorgestellt, demnach sämtliche Bilder zu restituieren wären. Allein aus der Zusammenfassung der möglichen Konstellationen wird erkennbar, dass die Rechtsmeinung mit vielen "wenn und aber" verbunden ist, zumal die Umstände der Erwerbskette großteils ungeklärt sind. Für die Klärung der Eigentumsfrage sind - so sich Privatpersonen nicht einigen können - die Gerichte zuständig, weshalb ich darauf nicht weiter eingehe. Hier interessiert der Aspekt des Wunsches nach einer Änderung des Kunstrückgabegesetzes. In Anbetracht der auf bisher erzielten und auf künftigen Kunstauktionen vermutlich erzielbaren Preise für österreichische Kunst aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert sind die Begehrlichkeiten von ausländischen Museen und Sammlungen, besonders jene transatlantischer Häuser, groß. Dennoch rechtfertigen nicht alle, von wem auch immer ergriffenen Mittel den Zweck. Von Österreich, respektive dem österreichischen Gesetzgeber zu erwarten, er möge ein ausschließlich ihn selbst bindendes Gesetz (das Kunstrückgabegesetz ermöglicht die Restitution von in Bundesmuseen und Sammlungen befindlichen Kunstwerken) auf ein spezifisches Privatvermögen ausdehnen, stellte eine schlichte Aufforderung zur Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien dar. Die Unverletzlichkeit des Eigentums ist seit 1867 verfassungsrechtlich geschützt, d.h. vom Staat zu beachten und zu schützen. Enteignungen sind nur zulässig, wenn sie im "öffentlichen Interesse" und unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten (das bedeutet: unvereinbar ist, dass mehrere Personen durch eine Enteignung in den Genuß der Vorteile kommen, ohne dafür Vermögenseinbußen hinnehmen zu müssen) gegen angemessene Entschädigung erfolgen. Die Frage der Berücksichtigung des öffentlichen Interesses ist im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Kunstwerken eindeutig zu verneinen. Im Gegenteil: hier geht es um private Ansprüche, die mittels Gesetzesänderung erfüllt würden. Und welche angemessene Entschädigung würde geleistet werden? Keine. Auch unter nationalsozialistischer Herrschaft ist nicht im öffentlichen Interesse und durchwegs ohne angemessene Entschädigung enteignet worden. Ist es das, was die Auftraggeber anstreben, eine Wiedergutmachung mit denselben Mitteln? Man könnte das als echte "Chuzpe" bezeichnen.
Mehr Texte von Daniela Ehrlich

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