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Paul Chan - The 7 Lights: Digitales Schattentheater als politisches Statement – Paul Chans 7 Lights

Paul Chans zunächst poetisch wirkende Schattenspielereien entwickeln sich nach längerem Zuschauen zu politischen Urteilen. Die 7 Lichtinstallationen zeigt das New Museum in einer Einzelausstellung in New York. Es ist nicht so lange her als der in Hong Kong geborene Künstler Paul Chan mit „Happiness (finally) after 35,000 Years of Civilization“ das New Yorker Publikum überraschte. Im Jahre 2004 hatte die Green Naftaly Gallery in der Metropole am Hudson River das Breitwandvideo gezeigt. Seitdem ist Chan, der in New York lebt und zur radikalen politischen Künstlergeneration der USA zählt, ein gefragter Mann. Tatsächlich kann man die Arbeit „Happiness“ als ironischen Kommentar zum zweifelhaften Streben nach Glück auffassen, welches die amerikanische Gesellschaft sich selbst und der Welt versprochen hat. Denn zunächst sieht man eine orchideenübersäte Wiese, auf der sich Zeichentrickfiguren tummeln, Vögel zwitschern und alles friedlich erscheint. Spätestens jedoch nachdem sich alle auf das Gras entleeren, Häuser brennen und die Figuren entgleisen, kippt das Paradies. Die digitale Animation propagiert keine Idylle und hat auch keinen verklärenden Blick auf die Realität, sondern verwandelt sich relativ schnell in eine kritische Auseinandersetzung mit unserer Zivilisation. Sehr ähnlich verhält es sich bei der Werkgruppe "7 Lights" (sic!) die nun im New Museum in New York zu sehen ist. Die ganze Arbeit wurde bereits letztes Jahr in der Serpentine Gallery in London und im Amsterdamer Stedelijk Museum gezeigt. Die bunte Traumwelt bei „Happiness“ ist nun einer ruhigen schwarz- weiß Ästhetik gewichen. Der Titel 7 Lights, - durchgestrichen – verweist bewusst auf die Präsenz/Abwesenheit von Licht. Wieder sehen wir, wenn auch diesmal auf Wänden und Böden, projizierte Animationen. Gleichsam dem Schattenbild einer ins Zimmer scheinenden Sommersonne entdecken wir zunächst ein harmonisches Wirbeln von Blättern, einen Fensterrahmen oder einen Telegrafenmast die sich nach längerem Zuschauen in ein Horrorszenario verwandeln. Denn plötzlich schweben Reifen, Autos vorbei, Silhouetten von Menschen und irgendwelche Fetzen fallen wie aus heiterem Himmel durch das Bild. Dabei bleibt stets der ruhige Slow Motion Effekt erhalten und die Arbeit entwickelt langsam aber sicher ihre ganz eigene subtile politisch-kritische Wirkung. Chan lässt viele Deutungsmuster offen, denn dem Betrachter bleibt es überlassen, ob er an schwebende Astronauten von 1969 denkt oder an die Menschen, die aus dem brennenden World Trade Center stürzten. Die an das chinesische Schattentheater erinnernden animierten Kurzfilme, die allesamt auf eine Dauer von 14 Minuten festgelegt sind, entwickeln sich so aus dem anfangs sichtbaren geometrisch verzerrten Lichtfeld der Projektion, allmählich zu einem filmischen „Ereignis“. Formal ähneln die aufsteigenden und abfallenden Silhouetten auch surrealistischen Streifzügen wenn Gegenstände, Werkzeuge, jede Menge Unterhaltungselektronik, Äpfel, Laub, Menschen, zerrissene Stromleitungen sowie ganze Eisenbahnzüge von oben ins Bild fallen. Aber auch andere Deutungen, lassen die Licht/Schatten-Filme zu. Man kann sich bei 7 Lights an die sieben Schöpfungstagen erinnert fühlen, oder auch an das Platonsche Höhlengleichnis. In jeden Fall erzeugen die Hell/Dunkel-Animationen eine fantasievolle Welt mit Elementen aus dem Alltag, die eine für Paul Chan so typische apokalyptische Vision beinhalten. Hier wird mit einer digitalen Bildsprache auf subtile aber deutliche Weise auf die Probleme unserer Umwelt hingewiesen.
Mehr Texte von Berenika Partum

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Paul Chan - The 7 Lights
09.04 - 29.06.2008

New Museum
NY 10002 New York, 235 Bowery
Tel: ++1-212.219.1222
http://www.newmuseum.org/
Öffnungszeiten: Mi 12-18, Do, Fr 12-22, Sa, So 12-18 h


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