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Wilhelm Sasnal - Years of Struggle: Das Politische des Alltags

Kaum ein anderer Künstler der jungen Generation in Polen ist so populär wie Wilhelm Sasnal. Als polnischer Roy Lichtenstein erzielten seine Werke bei Saatchi und Sotheby’s Auktionen Preise in Höhe von mehr als 100.000 Euro und dabei ist Sasnal gerade mal 35 Jahre jung. Das Jahr 2006 muss für den Maler der Höhepunkt seiner Karriere gewesen sein: Bei der italienischen Ausgabe von Flash Art kam er beim Ranking um den wichtigsten internationalen Künstler unter 100 anderen auf den ersten Platz, im gleichen Jahr rühmte man ihn mit dem Vincent Van Gogh Award. Polnische Museen bedauern schon lange wenig Ankäufe gemacht zu haben. Mittlerweile kann sich nicht jede heimische Institution einen Sasnal leisten. Die Zacheta Galerie in Warschau widmet Sasnal nun eine längst überfällige eigene Schau. Zu sehen sind neben berühmten Bildern auch Videoarbeiten. Als Schwarz-weiße, an der Fotografie orientierte Gemälde würde man die Bilder von Wilhelm Sasnal zunächst beschreiben. Häufig sehen sie aus wie vergrößerte Grafiken einer Comiczeichnung. Sie operieren mit popähnlichen Farb- und Formkompositionen, rufen sentimental- atmosphärische Farbabstimmungen auf. Alles was er malt steht in unmittelbarem Zusammenhang zu dem was er erlebt hat, gesehen hat, was ihn umgeben hat - so jedenfalls will Sasnal seine Werke verstanden wissen. Er verwendet Ausschnitte aus Zeitungen, Meldungen, Videos, Bilder, Strassen. Dabei haben seine Fernsehbilder immer einen verlangsamten "Replay" und sind "herangeholt/herangezoomt". Eine Hierarchie kennt Sasnal bei der Auswahl nicht: Politische Ereignisse stehen gleichwertig neben Begebenheiten aus dem persönlichen Alltag. Ebenso beim schöpfen aus dem Fundus der Kunst und Kulturgeschichte stehen unterschiedliche Motive ohne Kommentar nebeneinander. Der Film ist bei Sasnal, wie bei den auf Leinwand gemalten Bildern, immer ein wenig verzerrt, verschwommen. Wichtige Stellen sind teilweise so überstrahlt das man Schwierigkeiten hat den Motiven etwas individuelles abgewinnen zu können. So ist "Herbst 2006" ein Film über die Ereignisse in Paris im Jahr 2006. Ein Super 8 Stummfilm der auf uns durch die verschwommene Technik wirkt, als könnten das genauso gut Ereignisse des Herbstes 1986 in Prag oder auch Budapest 1965 gewesen sein. Wie in den politischen Bildern stecken in den persönlichen Motiven die Sasnal wählt Reflexionen, und diese gehen über eine übliche Aneinanderreihung, Anwendung und Zitate verschiedener Motive, Formen und Stile hinaus. Eines der persönlichen Bilder ist betitelt mit "Familie". Es ist unkenntlich, die Gesichter haben Leerstellen, sie sind nicht zu identifizieren. Der Betrachter weiß nicht ob es sich um die eigene oder eine andere Familie handelt. Das Bild wirkt persönlich aber gleichzeitig durch die Technik universell. Es liegt wohl viel darin, dass bei Sasnal, egal welche Person ob nun ein Freund oder ein Fremder, gleichwertig dargestellt werden und politische sowie historische Fragen den gleichen Rang haben wie alltägliche Dinge. Dieses nebeneinander ohne Hierarchie was zunächst ohne Wertung erscheint, birgt jedoch Kritik. Symbolisch spiegelt sich hier alles wieder was sich seitdem in Polen, und in Osteuropa verändert hat: ein nebeneinander Existieren von verschiedenen Werten, Ideologien Moden, Stilen und Meinungen.
Mehr Texte von Berenika Partum

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Wilhelm Sasnal - Years of Struggle
27.11.2007 - 02.03.2008

Zacheta Narodowa Galeria Sztuki
00-916 Warszawa, pl. Malachowskiego 3
Tel: +48 22 827 58 54, Fax: +48 22 827 78 86
http://www.zacheta.art.pl


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