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Alina Slesinska: Feministischer Futurismus

In den letzten Jahren begann man in Polen mit der Aufarbeitung der Werke jener Künstler, deren Nachlass nach der Wendezeit in Vergessenheit geraten ist. Museen und Kritiker stellten einen dringenden Nachholbedarf fest und widmeten in den letzten Jahren einzelnen Künstlern der Avantgardegeneration längst fällige Einzelausstellungen. In diesem Zusammenhang sei auf die Ausstelllungen von Künstlern wie Oskar Hansen, Tadeusz Kantor und Jerzy Kujawski verwiesen, die durch das Engagement polnischer Kritiker und Museumsdirektoren nun wieder Eingang in die polnische Kunstgeschichtsschreibung gefunden haben. Vor allem die neu erschienenen Monographien sind dabei von hohem Wert. In diese Reihe fällt die Einzelausstellung der Bildhauerin, die in den 60-ger Jahren zu den begabtesten Künstlerfrauen zählte - wenn auch mehr im westlichen Ausland als in Polen. Die Rede ist von Alina Slesinska. Kaum jemand dürfte dieser Name heute ein Begriff sein, denn die meisten ihrer Werke sind auf ungeklärte Weise verschwunden- sei es, dass sie der Zensur zum Opfer fielen oder durch private Umstände abhanden kamen. Ausstellungen in Paris, London, New York bestimmten ihr Leben in der Tauwetterperiode Polens. Sie realisierte Skulpturenprojekte in Ghana und Brasilien und ist wohl eine der wenigen Künstlerinnen die vom Schweizer Kritiker Michel Seuphor im Lexikon: "La sculpture de XX siecle. Dictionnaire de la sculpture moderne" Erwähnung findet. Im Sozialistischen Polen fanden ihre Skulpturen als Exportware in Paris, London, Wien oder Washington Eingang in die Ausstellungshallen. Der brasilianische Architekt Oskar Niemeyer ließ Alina Slesinska an seinem Projekt der Hauptstadt Brasilia 1957 teilhaben und auf seine Einladung hin realisierte sie ihre Skulptur "Mutterschaft". In Ghana baut sie ein Denkmal zu Ehren von Präsident Kwame Nkrumah. Nach dem Sturz von Nkrumah 1966 wird die Skulptur allerdings zerstört. In Warschau kann man vor allem ihre architektonischen Entwürfe sehen, und diese tragen durchaus recht revolutionäre Züge. Slesinska Entwürfe, einer futuristischen Stadt aus zwei Etagen, machen tatsächlich Eindruck auf den Besucher, wenn man sich die Entstehungszeit vor Augen führt. Viele Papierskizzen zeigen eine architektonische Disziplin die gepaart ist mit einer wahnsinnigen Phantasie. So hätte Architektur der Surrealisten aussehen können. Ob Alina Slesinska eine Visionärin war? Eine Künstlerin die sich in die feministische Kunstgeschichte eingeschrieben hat? Sicher wäre diese Thesen gewagt. Alina Slesinska hatte unzählige Entwürfe geschaffen die sicher eine große Vision in sich tragen, und ebenso war sie auch auf dem Feld der Skulptur herausragend, aber eine Feministin im rebellischem Sinne war sie nicht. Jedoch: Wenn man aus der Zacheta Galerie heraustritt, vorbei am Denkmal von Josef Pilsudski auf die Hauptstrasse der "Aleje Jerozolismskie" erscheint einem hinter dem Kulturpalast eine neue Architektur von Warschau, die sehr ähnliche Elemente enthält die Alina Slesinska auf ihren Entwürfen in den 20ger Jahren schuf. Futuristische Experimente, in denen alles möglich zu sein scheint.
Mehr Texte von Berenika Partum

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Alina Slesinska
08.12.2007 - 24.02.2008

Zacheta Narodowa Galeria Sztuki
00-916 Warszawa, pl. Malachowskiego 3
Tel: +48 22 827 58 54, Fax: +48 22 827 78 86
http://www.zacheta.art.pl


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