Manfred M. Lang,
Spekulieren Sie schon?
Ich nehme an, dass Sie sich bereits am 1. Jänner den Kopf zerbrochen haben, was das neue Kunstjahr so alles bringen wird.
Welches Kunstwerk eines lebenden Künstlers erzielt den höchsten Auktionspreis aller Zeiten?
Wie viele neue Kunstmessen wird es heuer wo und warum geben?
Welche bestehende Kunstmesse sperrt als Erste wieder erleichtert zu?
Wie viele Goldgräbergaleristen ziehen noch nach Berlin?
Und welche ziehen als Erste wieder schleunigst weg?
Welche Hedgefonds versuchen als Erste, ihre überzahlten Kunstwerke mithilfe ihrer plötzlich unwillig gewordenen Galeristen gewinnbringend an noch unwilligere Nichtinteressierte zu verhökern?
Können die Leiziger überhaupt malen, wenn schon dem Weischer nicht einmal in der Villa Romana das Zeichnen gelingt?
Steigen zumindest kurzfristig die Preise eines und zwar welchen Künstlers, wenn er frisch verstorben ist?
Worüber wird sich der stets aufgeregte Herr Direktor Noever heuer besonders aufregen?
Und welcher unserer restlichen Direktoren springt als Erster auf den neuesten internationalen Kunsttrendzug auf? (Diese Frage ist natürlich besonders leicht. Ich weiß.)
An welcher auf jedem Fall unattraktiveren Adresse darf die Bawag Foundation in Zukunft ihr rot gestiftetes Dasein fristen?
Fragen über Fragen über Fragen.
Sie können sich natürlich noch hundert weitere stellen.
Sie können versuchen, diese sich selbst nach ihren Wünschen und Vorstellungen in der Badewanne zurecht zu beantworten.
Sie können sich jemanden suchen, der mit Ihnen Wetten abschließt.
Sie können den ganzen Blödsinn aber auch lassen und statt dessen im besten Restaurant mit dem jeweiligen Lebensabschnittspartner ein fünfgängiges Menü essen und bei einer Flasche Champagner über den ganzen Spekulationsblödsinn fröhlich lachen.
Das wäre jedenfalls die beste Entscheidung.
Sie möge das ganze Jahr anhalten.
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