Egypted: Affekt und Ordnung
Schon längst verschwundene Markenartikel in Form von Werbeaufklebern auf lackiertem Holz finden sich in Michaela Eichwalds Wandarbeit "Stay Tuned" im Rahmen der Gruppenausstellung "Egypted": ob Werbung für einen Mokka-Likör oder das Logo für Bonn, ehemalige Hauptstadt der BRD, die melancholisch stimmenden Abziehbilder erzählen von den versunkenen Utopien einer noch optimistisch-zukunftsgläubigen Gesellschaft der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
"Egypted" ist eine Wortschöpfung von Kurator Will Benedict, der die BetrachterInnen angesichts seiner sphinxhaften Informationspolitik bewusst im Unklaren über die Bedeutung des Begriffs lässt. Als Schlüssel zur Schau kann aber wohl die surrealistische Fotoarbeit "Je tend les bras" (1931) von Claude Cahun gelten, mit einer vage an altägyptische Malereien erinnernden Geste zweier Frauenarme, deren Körper in Gestein gefangen ist. Denn von gesellschaftlichen Schichtungen und Sedimentationen sowie einer zusehends auseinanderdriftenden, in sich widersprüchlichen Moderne handelt auch ein Gutteil der übrigen Beiträge: etwa Wolfgang Breuers seriell angeordnete, von Schrammen und Rost gezeichnete Industrielochbleche, die die Dialektik zwischen unverdrossenem Fortschrittsglauben und Verfallsprozessen sichtbar machen. Fallbeispiele von Kunst im öffentlichen Raum von Mark Leckey verdeutlichen nicht nur brancheninterne Trends zwischen Figuration und Abstraktion, sondern schärfen den Blick für so manche künstlerische Verirrung und obsolete ästhetische Konzepte der letzten Jahrzehnte.
Mit seiner Zusammenstellung zum Teil sperriger künstlerischer Positionen, von Stars wie Richard Artschwager bis zu Newcomern, hat Benedict, selbst Künstler, Eigenständigkeit bewiesen. Ebenso wie mit der Strategie, sich dem Vorkauen von Inhalten zu verweigern: der Ausstellungsrundgang eröffnet auch ohne nennenswerte Textinformation erstaunlich viele Assoziationsräume. Und bietet - auch mit Thomas Bayrles aus Einzelteilen bestehendem Porträt von Condoleezza Rice und der kojenartigen Strukturierung des Ausstellungsraumes - eine hellsichtige Momentaufnahme einer zusehends fragmentierten Gesellschaft, in der sich die unter den scheinbar dominanten formalen Ordnungssystemen verborgenen kollektiven Affekte dennoch immer wieder Bahn brechen.
31.01 - 01.03.2008
KEX Kunsthalle Exnergasse
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