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Oase der Filmkunst

Anders als in Cannes braucht man sich in Karlovy Vary hinsichtlich des Eröffnungsfilms wohl nicht vor dem Vorwurf der seichten Kommerzialität zu fürchten: Zum Auftakt wird die Weltpremiere von Kim Ki-Duks "Time" gezeigt, und diese Wahl kann durchaus programmatisch verstanden werden. Wie gewohnt bietet das Festival eine Plattform für hochwertige Filme, oft aus gemeinhin weniger beachteten Ländern. Angekündigt sind Schwerpunkte zum Lateinamerikanischen und Thailändischen Kino, eine Reihe britischer Spiel- und Kurzfilme der letzten fünf Jahre (die allesamt bisher in Tschechien nicht zu sehen waren), naturgemäß eine Zusammenstellung aktueller tschechischer Arbeiten, sowie der Wettbewerb East of the West, bei dem Filme aus Zentral- und Osteuropa um den Crystal Globe konkurrieren und durch den das Festival eine eminent wichtige Position einnimmt; darüber hinaus werden auch ein internationaler Spielfilm- und ein Dokumentarfilmwettbewerb ausgetragen. Ein genauerer Blick in das Programm lässt erkennen, dass sich das Favorisieren des Minoritären nicht nur in der Provenienz widerspiegelt. Einzelne Sektionen widmen sich etwa dem legendären Sundance Festival, indem eine Auswahl der letzten 15 Jahre präsentiert wird, in der Kategorie Independents läuft beispielsweise "Lonesome Jim", die jüngste Regiearbeit von Steve Buscemi, ein Tribute ist Don Alan Pennebaker, einem der Vertreter des amerikanischen Direct Cinema, gewidmet, die Kompilation Horizons bietet eine exquisite Auswahl jenes Gegenwartskinos, das trotz hoher Ansprüche nicht selten mit Vertriebsschwierigkeiten zu kämpfen hat: Vielleicht noch weniger gravierend im Falle von Steven Soderberghs gewitztem Distributionscoup "Bubble", der gleichzeitig in den Kinos startete, im Fernsehen ausgestrahlt wurde und als DVD herauskam, so dürfen andere Beiträge auch trotz Festivalerfolge nicht automatisch mit allzu großer Resonanz rechnen. Einige konnten bereits bei der diesjährigen Berlinale positiv auffallen, z.B. der mitreißende wie grundgenommen erschütternde Film "Offside" von Jafar Panahi, der von den - euphemistisch formuliert - Komplikationen weiblicher Fußballbegeisterung im Iran handelt und trotz der Absurdität dieses Problems durch eine unerwartete Leichtigkeit zu begeistern vermag. Ebenso auf (Alt)Bewährtes darf man sich freuen: In einer Reihe zum französischen Adoleszenzfilm finden Altmeister Chabrol, Truffaut oder Téchiné genauso Platz wie jüngere Vertreterinnen, etwa Noémie Lvovsky oder Lorraine Lévy, eine Hommage zu Ehren von John Huston (1906-1987) stellt prominente Beispiele seines Schaffens als Regisseur vor, und Matthew Barneys "Cremaster"-Zyklus kann hier komplett rezipiert werden, zusätzlich seine neueste Arbeit "Drawing Restraint 9". Die Zusammenstellung der Jury schließlich lässt erkennen, dass in Karlovy Vary Kompetenz mehr zählt als Prominenz: Von Filmhistoriker und MoMA-Kurator Laurence Kardish über den Produzenten und Leiter des Filmfestivals in Sofia, Stefan Kitanov, bis hin zur Dokumentarfilmerin Jana Boková reicht der hochkarätige Expertenreigen. Mehr als 200 Filme werden in Karlovy Vary zu sehen sein - doch es ist nicht die Quantität, die dieses Festival ausmacht. 41st Karlovy Vary International Film Festival 30.06. - 08.07.2006 www.iffkv.cz
Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

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