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Paul Kranzler - Land of milk and honey: Unsentimentale Realität

Im Herbst 2001 suchte Paul Kranzler in Linz eine erschwingliche Bleibe und er fand nicht nur diese, sondern auch eine Situation vor, die er in der Fotoserie "Land of Milk and Honey" wiedergibt. Was so süß und verlockend klingt, bedeutet für viele Österreicher unter der Armutsgrenze bittere Realität. Doch das Bild, das hier gezeichnet wird, prangert nicht in erster Linie die soziale Situation armer Menschen an, sondern zeigt ein intimes Bild einer Lebenssituation der Nachbarn Paul Kranzlers. Hinter der Fassade ansehnlicher und nobler Therapiepraxen eines Linzer Stadthauses liegen Substandardzimmer, von denen Kranzler eines für drei Jahre mietete. Seine Nachbarn, durchwegs alte Leute, die hier vermutlich schon des längeren wohnen oder sich ob ihrer finanziellen Lage nichts besseres und damit auch teureres leisten können, lernte er in dieser Zeit kennen. Kennen lernen im Sinne eines sich näher kommen, sich öffnen, teilhaben lassen. Kranzler fotografiert was ihn umgibt, was er sieht, womit er lebt. "Ich war nur der Junge von nebenan, der zufällig auch fotografiert", beschreibt Paul Kranzler seine eigene Position. Kein aufdringlicher Fotograf, der dokumentieren oder aufzeigen will. Das Fotografieren war Alltag wie vieles andere auch. Dadurch ermöglicht Kranzler den beiden Menschen, die er porträtiert, ihre Menschlichkeit zu bewahren und nicht zu reinen Objekten degradiert zu werden. Denn was wir zu sehen bekommen, halten viele in Österreich vermutlich nicht für möglich. Oder denken, dass es das doch bei uns nicht geben kann. Doch was wir zu sehen bekommen ist Realität - eine der vielen Schichten unserer Welt, vor der hier kurz der Vorhang gelüftet und uns ein Blick gestattet wird. Handelt es sich um die Verwahrlosung der Lebensumstände oder das Altwerden, vor dem so viele die Augen verschließen? Paul Kranzler rückt die alten, verrunzelten Körper so ins Bild, dass ein Wegschauen nicht möglich ist. Stehen bleiben, hinsehen, aufnehmen. "Grundgedanke war die Konzentration auf einen einzigen, relativ kleinen Raum, einen Lebensraum, der Installationscharakter aufweist und gleichzeitig eine menschliche Innen- und Außenwelt darstellt." Die Fotografien gehen tief unter die Haut. Und obwohl die Fotografien berühren und nachdenklich stimmen, fehlt ihnen zum Glück jegliche Sentimentalität. Nichts schlimmer als wenn Fotografien mit der Bestimmung auf die Tränendrüse zu drücken gemacht werden. Und auch wenn manche Fotografien Ekel hervorrufen, behält doch dieser intime Charakter die Oberhand, der einen den respektvollen Umgang mit den Menschen spüren lässt, obwohl sie sich in menschenunwürdigen Lebensumständen befinden, und so bleibt es beim Staunen über eine Realität, die man zwar lieber nicht sehen möchte, vor der man sich jedoch nicht verschließen kann.
Mehr Texte von Nora Theiss

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Paul Kranzler - Land of milk and honey
10.11 - 23.12.2005

Fotohof (alter Standort)
5020 Salzburg, Erhardplatz 3
Tel: 662 - 849296, Fax: 849296 - 4
Email: fotohof@salzburg.co.at
http://www.fotohof.or.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 15.00-19.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr


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