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Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF-Austellung: Idole aus Dummheit

Allerorten wird von Geschichtsaufarbeitung schwadroniert, kaum entsteht jedoch eine Ausstellung, die sich der jüngeren Geschichte annimmt, wird sonnenklar: mit dieser haben wir so unsere Schwierigkeiten. Ein gutes Beispiel liefert die Anfang des Jahres in den Kunst-Werken, Berlin, und nun als einzigem weiteren Schauort in der Neuen Galerie, Graz, gezeigte Ausstellung über die mediale und künstlerische Resonanz zur RAF. Zur Vorstellung des Terrors heißt es, doch wie soll man sich den Terror vorstellen, den die heutige Generation der 30-jährigen nur aus Medienberichten kennt - eine Generation, die so konfliktfrei aufgewachsen ist, wie noch kaum eine. Jene, die sich medial äußern, erstellen ein Psychogramm eines Phänomens, das sich in der Mystifizierung der ProtagonistInnen verfängt. Da wird ein Andreas Baader zum Rebel without a cause, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin zu protestantischen Intellektuellen, die ihren eigenen Idealismus allzu Ernst genommen haben und dabei aus dem Gleichgewicht geraten sind. Und die Kunst: nicht kritikfähig genug, um in der Historie zu bestehen? Fakt ist, dass die meisten, die etwas zu sagen hätten, weil sie dabei gewesen sind, nicht mehr leben, daher muss auf ihren Kommentar verzichtet werden. Und nur zu gerne werden die Toten zu Helden gemacht, überhöht - im Sinne von abgehoben. Es verliert sich der Bezug zur Realität und der Mensch neigt dazu, Dinge, die über ihm stehen zu etwas Unerreichbaren zu machen. In der Popkultur heißt das dann Terrorist chic oder Prada-Meinhof, wie eine Arbeit von Scott King / Matt Worley, die auch in der Ausstellung zu sehen ist. Aber es gibt durchaus auch KünstlerInnen, die kritisch auf die RAF reagiert haben, seien es Joseph Beuys, Gerhard Richter oder Jörg Immendorff. Hans-Peter Feldmanns "Die Toten", in einem eigenen Saal reihum auf gleicher Höhe angeordnet, lassen einem die Gänsehaut aufsteigen. Die Kritik hat sich hier eher am Kunstwerk als an der Historie selbst aufgerieben. In realiter hat die Heroisierung der RAF bereits ganz woanders stattgefunden. Diese nun den KuratorInnen vorzuwerfen, ist absurd. Und wenn bereits bei Erscheinen des Konzepts zur RAF-Ausstellung ein Sturm der Entrüstung ausgebrochen ist, muss gesagt werden, dass es wichtig ist, sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen, dass Ausstellungen wie diese gemacht werden. Indem totgeschwiegen wird, was passiert ist, entstehen aus Unwissenheit Mythen und aus Dummheit Idole.
Mehr Texte von Nora Theiss

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Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF-Austellung
26.06 - 28.08.2005

Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum
8010 Graz, Sackstrasse 16
Tel: +43 316 82 91 55, Fax: +43 316 81 54 01
Email: post@neuegalerie.stmk.gv.at
http://www.neuegalerie.at
Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-18, So 9-12 h


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