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Cameron Jamie - "Jo": Die Jungfrau gefressen

Verstörende tumultöse Geräusche empfangen einen beim Betreten des Künstlerhauses und noch ehe man visuelle Eindrücke der jüngsten Arbeit Cameron Jamies hat, macht sich Beklemmung breit und man fühlt sich nicht wohl in seiner Haut. Mit dem Film "Jo" bestreitet der Künstler seine Teilnahme am diesjährigen steirischen herbst. Die Geräuschkulisse ist bei der offiziellen Eröffnung des Festivals von Keiji Haino eingespielt worden. Physische Beruhigung erfährt man als Besucher nicht solange man in den Räumlichkeiten verharrt, es lässt einen eher an Flucht als an das Gegenteil denken. Der Zugang zum Ausstellungsraum ist mittels Holzverschlag verbarrikadiert, man muss also seitlich einen konstruierten Gang entlang gehen, um den Hauptraum, der als Vorführraum dient, zu erreichen. "Jo" der Titel Jamies Film leitet sich von Johanna von Orléans ab, der Nationalheiligen Frankreichs, der in Orléans noch heute gedacht wird, indem jedes Jahr eine Jungfrau erwählt wird, die Streitbare darzustellen. Diese Heiligenverehrung ist gerahmt von ästhetisch anmutenden Bildern brodelnden Fetts - ein Blick direkt hinein in den Inhalt populärer Ernährung. Der Grund dieser Zusammenstellung der Bilder erklärt sich erst nachdem der Film den Inhalt wechselt und das zum amerikanischen Unabhängigkeitstag jährlich zelebrierte Hot Dog-Wettessen von Nathan?s im Rückwärtslauf gezeigt wird. Kopfgeburten sozusagen - mehr als fünfzig an der Zahl. Der Pressetext der Neuen Galerie lässt verlauten, dass sich Cameron Jamie in diesem Film mit "dem Mythos der Johanna von Orléans auseinander[setzt] und darüber hinaus mit dem Alptraum der katholisch geprägten, die Vergangenheit dominierenden europäischen Kultur, die in ihrer pervertierten Form als eine die Gegenwart bestimmende amerikanische Kultur weltweit wuchert." Gut den Pressetext gelesen zu haben, sonst verlässt man die Vorführung nicht nur mit mulmigen sondern auch mit dem Gefühl, was das Ganze hier soll. Wo ist der Plot geblieben? Es handelt sich also um unterschiedliche Formen der Heldenverehrung, doch warum gerade der Titel "Jo" und warum gerade diese beiden Handlungsabläufe einander gegenüber gestellt? Trotz guter Inszenierung sowohl akustisch als auch visuell und räumlich, lässt die Unklarheit der Inhaltlichkeit mehr Fragen offen als zu beantworten, sozusagen zu wünschen übrig.
Mehr Texte von Nora Theiss

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Cameron Jamie - "Jo"
10.10 - 24.11.2004

KM– Künstlerhaus Halle für Kunst & Medien
8010 Graz, Burgring 2
Tel: +43 316 740 084
Email: hd@km-k.at
http://www.km-k.at
Öffnungszeiten: Di-So11-17 h


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