Teresa Margolles - Muerte sin fin: Ein lebendiges Museum
Am Anfang ist alles ganz poetisch. Da tanzen Seifenblasen durchs MMK. Sie sind so schön wie verletzlich und damit ein heiteres Memento mori. Wie ernst die mexikanische Künstlerin Teresa Margolles diese Metapher nimmt, erfährt nur, wer die kleine Tafel zu ihrer Arbeit En el Aire studiert. Die meisten Besucher lassen sich verleiten, nach den Blasen zu greifen und wenden sich dann dem nächsten Raum zu.
Dort hängt eine Vielzahl von gleichgroßen Blättern mit unterschiedlich starken rotbraunen Farbverläufen. Weil diese Blätter so gar nichts mit den Seifenblasen gemein haben, wandert der Blick Hilfe suchend zu der Erklärungstafel. Dort ist zu erfahren, dass Margolles ihre Bilder in Wasser taucht, mit dem zuvor obduzierte Leichen gewaschen wurden. Die Farbverläufe sind also Spuren von Blut und Fett. Woher das Wasser der Seifenblasen stammt, traut man sich jetzt fast nicht mehr zu fragen. Doch die Vermutung bestätigt sich: Ihr Wasser diente ebenfalls zum Leichenwaschen.
Die 1963 geborene Künstlerin bringt den Tod ins Museum und bricht damit ein Tabu. Aber in ihren Arbeiten berührt nicht nur der Gedanke an Vergänglichkeit, vielmehr wird der tote Körper selbst auf sinnliche und zugleich abstrakte Art berührbar: Am deutlichsten wird dies bei Aire, einem abgeschlossenen Raum, der mit verdunstetem Waschwasser aus einem Leichenschauhaus befeuchtet wird. Hier ist es unmöglich, dem mittelbaren Kontakt mit toten Körpern zu entgehen. Doch wie der Besucher auf diese Konfrontation reagiert, bleibt ihm überlassen: Betrete ich den Saal überhaupt? Und was geschieht, während ich durch den ansonsten leeren Raum flaniere?
Teresa Margolles fordert nicht nur vom Besucher eine Entscheidung, auch die übrigen Arbeiten des MMK werden sozusagen zu einer Position gezwungen. Plötzlich zeigen sich On Kawaras Date Paintings als Vanitas-Motive, die an das Verrinnen der Zeit gemahnen. Das liegt an Margolles, aber auch am Hausherr Udo Kittelmann. Denn der MMK-Direktor hat seine Sammlung so arrangiert, dass sie mit den sieben Arbeiten seines Gastes korrespondieren. So entsteht ein Rundgang, der niemals morbid wirkt, weil er auf einen kreativen Betrachter zielt, der dem Gesehenen seinen Sinn gibt. - Ein lebendiges Museum.
24.04 - 15.08.2004
MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt
60311 Frankfurt, Domstraße 10
Tel: +49 - 69 - 212 - 304 47, Fax: +49 - 69 - 212 - 378 82
Email: mmk@stadt-frankfurt.de
https://www.mmk.art
Öffnungszeiten: Di 10-17, Mi 10-20, Do-So 10-17 h