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Art Brussels: Konjunkturbarometer Kunstmesse

Mit ihrer vierzigsten Ausgabe gehört die Art Brussels zu den ältesten Kunstmessen. Das merkt man ihrem Erscheinungsbild nicht an, denn hier präsentieren sich nach wie vor viele junge Galerien, mehr als bei ihren deutschen Wettbewerberinnen in Köln und Düsseldorf, da sie mit ihren 176 Ausstellern ausschließlich zeitgenössischer Kunst schon mengenmäßig mehr zu bieten hat.

Das ist allerdings auch Teil des Problems. Denn Brüssel ist dank der ausgeprägten Sammelleidenschaft des Bürgertums und der zentralen Position der Stadt zwar ein kaufkräftiger Marktplatz, der aber doch seine Grenzen hat, die in einer schwachen Konjunktur etwas enger gezogen sind. Wenn der Kuchen bei der gleichen Anzahl an Essern kleiner wird, sollte man die Teller nicht auch noch teurer verkaufen. Genau das tut die Messe jedoch. Viele Galerist:innen, die sich ohnehin in einem schwierigen Marktumfeld bewegen, beklagen das. Es würde ihnen und der Qualität der Messe wahrscheinlich guttun, die Teilnehmerzahl in Krisenjahren etwas herunterzufahren, um sie mit der vorhandenen Kaufkraft in ein Gleichgewicht zu bringen. Denn Brüssel gehört zu den teureren Pflastern im internationalen Vergleich, zumindest gemessen am Return on Investment. Philipp von Rosen aus Köln nutzt daher nach vielen Jahren der Abstinenz zum Messejubiläum gerne die Gelegenheit, in der vergünstigten Sektion Discovery die Arbeiten der 1978 in der Sowjetunion geborenen Yelena Popova zu präsentieren, die zwischen 1.800 und 22.000 Euro kosten. Robert Grunenberg aus Berlin geht das Risko eines regulären Standes ein und breitet dort einen Großteil seines Programms mit Arbeiten von Kensise Anders, Filip Henin, Stefan Knauf, Brandon Lipchik, Anna Virnich, Sonja Yakovleva und Jan Zöller aus.

Can Yavuz von Ames Yavuz aus Singapur ist zum zweiten Mal in Brüssel und bestätigt zunächst die Beobachtung eines schwächelnden Markts, nur um im nächsten Satz zu erzählen, dass er innerhalb der ersten zwei Stunden je zwei Arbeiten des 1986 geborenen Australiers Abdul Abdullah (bis 21.000 Euro) und der 30-jährigen Australierin Sarah Drinan vermittelt hat - an angereiste neue Kunden aus London und Lyon. Ähnlich verhält es sich bei Nino Mier aus Los Angeles, der seit einigen Jahren eine Niederlassung in Brüssel unterhält. Es sei ein bisschen zäh, erzählt er am Nachmittag der Vernissage. Vielleicht ist er aus Kalifornien ein wenig verwöhnt, denn ein Blick in seine offen ausliegende Preisliste zeigt bereits über ein Dutzend rote Punkte, besonders oft bei Gemälden von Jana Schröder. Das meiste habe er nach Belgien verkauft, erklärt er, dann fallen ihm aber noch Italien und die Schweiz als Zielländer ein. Bis 20.000 Euro würden die Sammler noch recht beherzt zugreifen, danach würde es schwierig.

Die alte Weisheit, dass man in Brüssel dreimal teilnehmen müsse, damit die lokale Sammlerschaft das Engagement mit Käufen in honoriere, wird also schon dadurch ausgehebelt, dass das Publikum ausgesprochen europäisch ist. Die Zeiten, als US-Sammler vom Kaliber der Horts oder Rubells einflogen, dürften zwar endgültig passé sein, doch gilt das inzwischen für viele Messen von Hongkong bis Madrid.

Was dem Standort das Genick brechen könnte, liegt allerdings nicht in den Händen der Messe: Es ist die Bräsigkeit der Regierung. Denn genau wie in Deutschland, scheint man sich der Tragweite der EU-weiten Neuregelung der Mehrwertsteuer nicht bewusst zu sein. In Belgien droht ab 1. Januar nächsten Jahres ein Mehrwertsteuersatz von 21 Prozent. In Frankreich gelten bereits 5,5 Prozent. Nach Paris gelangt von Brüssel mit dem Zug in eineinviertel Stunden.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Brussels
25 - 28.04.2024

Brussels Expo
1020 Brüssel, Place de Belgique, 1, Halls 5 & 6
Tel: 0032-2-402-36-66
http://www.artbrussels.com
Öffnungszeiten: 11-19 h


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