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Come as You Are. Preis der Kunsthalle Wien 2023: Erwachsenwerden

Come as you are, oder: Come almost as you are - mit dem Kunsthalle Wien Preis ist Nicht-mehr-Studierenden die Chance auf eine institutionelle Ausstellung geboten, mit allem drum und dran: tollen Eintrag in den Lebenslauf, erhöhte Sichtbarkeit, ein kleines Preisgeld und Budget, Feedback. Aber, eben auch mitsamt den Auflagen, die das Arbeiten in einer städtischen Kunsthalle mit sich bringt: Brandschutzvorschriften, denen die Werke genügen, Kommunikationsabläufe, denen gefolgt, Stolperfallen, die geglättet werden müssen.

Viele Arbeiten zeigen sich deshalb im Vergleich zum Originaldiplom verändert. Bei den einen geht es sich allein von den Dimensionen her nicht aus, bei den anderen muss in Sachen Sicherheit nachgebessert werden, wieder andere zeigen gleich ganz neue Werke.
Wer die Diplome gesehen hat, erkennt, was möglich war mitzunehmen, und was nicht. Wer sie nicht gesehen hat, bleibt mitunter allein mit einem Zitat, dem der Kontext fehlt oder in wenigen Worten geframed wird.

Grundsätzliche Bedingungen des Künstlerinnen-Seins sind aber in nicht wenigen Arbeiten als Interessensmoment angelegt. Einen sehr direkten Nachweis, im wortwörtlichen Sinn, vom harten Arbeitsleben schon während des Kunststudiums bietet die auch mit dem Preis der Akademie ausgezeichneten Željka Aleksić. Sie hat die Rechnungen ihrer Arbeitszeit, gemeinsam mit Selfies und Eindrücken von den Arbeitsplätzen - Hotels, Toiletten, Friseursalons -, die ihr Studium finanziert haben, zu einem Buchband zusammengefasst, der sehr schön mit "Das Kapital" übertitelt ist und dessen Preis dem Wert der bezahlten Arbeitsstunden gleicht (€ 54.312,-).
Auch bei Luisa Berghammer kommt das Künstlerinnen-Dasein zur Sprache. Credits, Requisiten, Statist:innen, anonyme Darsteller:innen sind die Stars ihres Films (mit Quirin Babl, Zorah Berghammer und Luīze Nežberte: people would call you a faker and it hurt your feelings, 2024). Reflektionen zur Identität, die zwischen Einflüssen und Fehlstellen gebildet wird, sind als Voice-Over darübergelegt und unterstreichen nochmal das diskursiv-prozesshafte, das hinter Person und künstlerischem Werk liegt.

So ein bisschen von allem, was die Kunstwelt an Themen derzeit beschäftigt, ist in den zehn gezeigten Positionen vertreten. Mensch-Mehr-als-Mensch Verhältnisse, Gender und gesellschaftliche Ausschlüsse aufgrund von Sexualität und Nationalität, ein bisschen Kulturwissenschaft, der globale Kapitalismus und seine Warenströme, Geister der Vergangenheit und Kunst-Kunst.
Das kann man so nebeneinander stehen lassen. Für mich bleibt aber ein überraschend unbespielter Raum, wo die Studierenden auf das Establishment treffen. Der Zeit ihre Kunst - der Kunst ihre Freiheit steht gegenüber auf der anderen Seite der Straße. Steht man im richten Winkel, verschwindet die Forderung hinter einer Holzplatte, die von Daniel Fonatti aufgestellt worden ist (Anchored in common ground, 2024,).

Hier sind sie nochmal, die Gewinner:innen des Kunsthalle Wien Preis 2023: Željka Aleksić, Mila Balzhieva, Luisa Berghammer, Daniel Fonatti, Valentin Hämmerle, Jusun Lee, Michael Reindel, Anne Schmidt, Marielena Stark, Marc Truckenbrodt.

Mehr Texte von Victor Cos Ortega

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Come as You Are. Preis der Kunsthalle Wien 2023
15.04 - 01.09.2024

Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h


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