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Günter Brus 1938-2024

„Provokation ist dann möglich, wenn gegen etwas angerennt werden muss. Gesuchte Provokation bezeichne ich als Kitsch“, gab Brus in einem Gespräch über die 1960er Jahre zu Protokoll und „angerennt“ ist er in der Tat vielfach. Was war wohl die provokanteste Aktion? War es sein Beitrag in der Aktion „Kunst und Revolution“, der sogenannten Uniferkelei? War es sein Spaziergang durch Wien, ganz in weiß gekleidet und bemalt, mit einem schwarzen Strich, der den Körper in zwei Teile trennte? War es die Zerreißprobe, mit der Brus 1970 seine extremen, seinen Körper verletzenden Aktionen abschloss?

Statt seinen Körper weiter zu analysieren, entwickelte sich das Œuvre in Richtung Bilddichtungen, das feinsinnige Zusammenspiel von Text und Bild wurde für das weitere Werk bestimmend. Das Ende seiner Selbstverstümmelungen reflektiere er selbstkritisch. „Ich wollte dafür nicht mehr die Verantwortung übernehmen, außerdem hielt ich es für eine neurotische Eigenwichserei“. Daran konnte man sich dieser Tage erinnern, wenn man den eben versandten Folder des Kunsthauses Bregenz öffnete, die eine Günter Brus-Ausstellung ankündigt. „Der Neurosenkavallier“, eine aquarellierte Tuschezeichnung aus dem Jahr 2020 wurde hier als Centerfold gewählt, die Billboards, die das KUB im Außenraum bespielt werden für die Dauer der Ausstellung die ikonisch gewordenen Aufnahmen der Selbstbemalung aus dem Jahr 1964 zeigen.

Einst war Brus angetreten die Malerei von der Leinwand zu lösen, verstand Selbstbemalung als „unendlich ausgekostete selbstentleibung“, ist mit seinen Aktionen, die den Körper selbstverletzend einbezogen an die Grenzen gegangen, um fortan mit seinen Zeichnungen und Texten die Tiefen der menschlichen Seele weiter zu erkunden. Der Aktionismus war da längst für ihn abgeschlossen. „Picasso war ja auch kein Dauerkubist“, bringt er seinen ewigen Status als Aktionist retrospektiv auf den Punkt.

Man durfte sich sich auf eine Ausstellung freuen, die jüngst entstandene Werke zeigen wird, konnte darüber sinnieren, wie vielfältig dieses Werk doch ist und wie es sich wohl noch weiter entwickelt. Bis heute. Nun ist die Serie, die laut Ankündigung „Architekturen, Monster oder prekäre Ich-Zustände, Szenen der Einsamkeit, Angst und dunkler Verträumtheit zeigen“, zu der finalen geworden.

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Abbildung: Günter Brus, aus der Mapppe Der helle Wahnsinn, 1968

Mehr Texte von Daniela Gregori

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