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Anna Meyer - Planettoo: Klitosaurier und Gletschervulven

Im Jänner dieses Jahres veröffentlichte die Fachzeitschrift Nature eine Studie, nach der in Grönland pro Jahr mehr als 260 Milliarden Tonnen Eis durch die Klimaerwärmung wegschmelzen, das sind schier unglaubliche 30 Millionen Tonnen Eis pro Stunde. Auch die Gletscher in Österreich schmelzen seit vielen Jahren in atemberaubender Geschwindigkeit dahin und so lag es auf der Hand, dass im Rahmen des von Michael Zinganel kuratierten Kunstprojektes entlang der Großglockner Hochalpenstraße (2020 bis 2022) die Künstlerin Anna Meyer mit ihrer Serie Weltschmelz im Angesicht der kümmerlichen Reste der Pasterze den fortschreitenden Klimawandel thematisierte.

Im Rahmen der Klimabiennale Wien sind nun Teile des Projektes, ergänzt um weitere Werke, unter dem Titel Planettoo im Popup Schauraum des Museumsquartier Wien, sowie vor dem Haupteingang zum Kulturareal zu sehen.

In Grell-Pastell konfrontiert uns die im schweizerischen Schaffhausen geborene und in Wien lebende Künstlerin mit den Auswirkungen der menschengemachten Erderwärmung und des Massentourismus in den Alpen. Der „DONT FUCK THE PLANET“ Slogan auf der Wasserzuleitung einer gigantischen Schneekanone verhallt recht hilflos zwischen den Schneebänder der letzten verbliebenen Skipisten. Die Wegweiser entlang von Wanderwegen bezeichnen nicht mehr die Pfade zum Gipfel sondern führen Wandernde entlang der „Tipping Points“ zur neuen Heisszeit. Die Arbeiten stehen in der Tradition der romantischen Landschaftsmalerei, die auch den Beginn des Massentourismus markieren. Anna Meyer lädt ihre Malerei aber noch mit einem weiteren Thema auf, das sie schon längere Zeit verfolgt und unter dem Begriff „Futurefeminismus“ zusammenfasst. Die Eroberung einer Landschaft die, so Anna Meyer, von Malern wie Gustave Courbet oftmals als Frau gesehen wurde, führte die Künstlerin zum Gletscher als einen möglichen Ursprung der Welt und damit zur Vulva und ihren Klitosauriern, die aus den freigelegten Schichten vieler Millionen Jahre alten Gletschereises emporsteigen.

Zur Malerei gesellen sich im rund um die Uhr einsehbaren Schauraum noch Installationen, in denen die Themen der Bilder aufgegriffen und dreidimensional aufgearbeitet werden. Die Elemente erklären einerseits die Auseinandersetzung und den Findungsprozess der Künstlerin, der schließlich zu den einzelnen Werken führt, spinnen den Faden aber weiter und eröffnen neue Assoziationen.

Man mag über die gesellschaftliche Wirkmacht von „Kunst gegen die Klimakrise“ unterschiedlicher Auffassung sein, Anna Meyer geht an die existenzielle Thematik jedenfalls lustvoll unverkrampft und ohne moralischen Zeigefinder heran. Doch wenn, „das Blut der Geister“, wie der Schnee in einer der Installationen bezeichnet wird, weiterhin immer weniger wird, dann sind die Alpengletscher wohl bald nur noch eine verflossene Erinnerung auf alten Fotos und Bildern - und i den Werken von Anna Meyer. Sagen Sie dann nicht, sie hätte uns nicht gewarnt.

Mehr Texte von Werner Remm

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Anna Meyer - Planettoo
08.03 - 26.05.2024

MQ Pop-Up Schauraum
1010 Wien, Museumsplatz 1
https://www.mqw.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 h


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