Die Neuen kommen! Weibliche Avantgarde in der Architektur der zwanziger Jahre: Trotzdem! Frauen bauen.
Bis heute sind sie selten anzutreffen, dabei gibt es sie schon recht lang: Frauen, die bauen. Regina Prinz und Ute Maasberg betrieben Ahnenforschung und spürten dem reichen Erbe, das weibliche Wegbereiterinnen der "wilden" 20er in der deutschen Moderne hinterlassen hatten. Um Österreichbezüge erweitert, ist ihre Schau "Die Neuen kommen!" nun im Wiener Ringturm zu sehen. Prominenteste "neue Frau" ist Margarethe Schütte-Lihotzky, die erste Architektin Österreichs. Von ihr stammt auch das Exponat-Highlight: ein Original der wegweisenden "Frankfurter-Küche" lässt sich betreten, begreifen und bestaunen. Hochökonomisch weibliche Zeit-Laufmeter-und Energieressourcen schonend, besticht der Entwurf mit einer Fülle praktischer Details, die auf engstem Raum ungeahnte Nutzungsmöglichkeiten eröffnen. Sogar die Töpfe haben Klapphenkel, damit sie sich im Rund der Wärmetruhe beim Herd versenken lassen. Ein weiteres Zierstück ist die Säule mit den feinsinnig beseelten, liebevoll aquarellierten Entwurfszeichnungen von Friedl Dicker. Zwanglos unmanieriert vereint sich in ihnen sensibler Kunstsinn mit praktisch-funktionalem Denken. Viel zu früh fand ihr Leben in einer Auschwitzer Gaskammer sein leidvoll erzwungenes Ende. Ihre Ideen und Möbel blieben, einige bereichern die Schau. In vornehmer Bescheidenheit verzichtete sie darauf, ihre Arbeiten für das mit Lebensgefährten Franz Singer gegründete Atelier zu signieren. Eine Eigenschaft, die sie mit vielen Pionierinnen teilt. So plante Marlene Moeschke-Poelzig maßgeblich am Umbau des Großen Schauspielhauses in Berlin mit, schuf die Kostüme zum Stummfilmklassiker "Der Golem, wie er in die Welt kam" und designte das Innere des gemeinsamen Hauses. Wohnbau und Interieurs waren klassische Profilierungsgebiete für Architektinnen: Kath Both brachte Wegweisendes ein, Wera Meyer-Waldeck und Hilde Weström machten mit ihrer "Stadt von morgen" Furore, Ella Briggs plante den Wiener Pestalozzi-Hof. Das Betätigungsspektrum der 40 Avantgarde-Pionierinnen ist überaus vielfältig. Es reicht von Erna Meyer, die mittels Zettelkästen die Haushaltsführung revolutionierte, Theoretikerinnen wie Elfriede Behne über Künstlerinnen wie Sophie Taeuber-Arp bis zu Hanna Loev, die es zur ersten Regierungsbaumeisterin Bayerns brachte, wo sie viele Postamtsgebäude realisierte, die eine Brücke von der Tradition zur Moderne schlugen. Der Beamtenstatus blieb ihr trotz mehrerer Ansuchen verwehrt. Leicht hatten sie?s nicht, die Frauen, die bauen.
15.06 - 02.09.2005
Architektur im Ringturm
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