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Monica Bonvicini - 3612,54 m³ vs 0,05 m³: Ausfegen

Ein metallenes Gerüst versperrt zunächst den Weg in die Ausstellung, auch ein Blick hinein ist (noch) nicht möglich. Doch dann sieht man eine kleine Tür die es erlaubt, in den zunächst hermetisch abgeschlossen erscheinenden Raum einzutreten. Das ca. 10 Meter hohe Gerüst ist, wie dann schnell sichtbar wird, auf der anderen, inneren Seite mit reflektierenden Aluminiumplatten versehen. Der Raum spiegelt sich so gleichsam in sich selbst. Etwa in der Mitte dieses „Reflexionsraumes“, in jedem Sinne des Wortes, hängt an einem dicken schwarzen Seil ein ebenfalls schwarzes an einen Wischmopp erinnerndes Objekt aus Gürteln, das durch einen Mechanismus an der Decke bewegt wird, so dass die Gürtelschnallen mal am Boden entlang schleifen, mal an die Wände klopfen – der ansonsten weiße Raum wird also quasi ausgefegt. Die beinahe aseptische Qualität des „white cube“ wird so durch den „black Wischmopp“ und seine Säuberungsaktion betont. Auf die Kraft des Kunstraums, Objekten Fetischcharakter zuzusprechen, verweisen zwei miteinander verbundene, kugelförmige Objekte aus schwarzen Ledergürteln, die nicht von ungefähr an (erotische) Fetischobjekte erinnern und so auf dieses (wertschöpfende) Potential der Kunst anspielen.

Monica Bonvicini, die bereits seit den 1990er Jahren eine solche Form von sexuell aufgeladener Kritik von (männlich dominierter) Architektur und Raum unternimmt, „reflektiert über den Kunstbetrieb“, wie Birgit Rieger angesichts der Installation „3612. 54 m² vs 0,05 m³“ schreibt. Bei dieser Reflexion gelingt es der Arbeit, nachhaltige Kritik an diesem Betrieb zu üben und gleichzeitig ein mehr oder weniger glamouröser Teil von diesem zu sein. Wie die ebenfalls raumfüllende Installation „Silo Silence – Clicked Core“, 2017, von Haegue Yang, die jetzt im Berliner KINDL-Zentrum zu sehen ist – siehe meine Kritik auf artmagazine.cc –, nutzt Bonvicini dabei durchgängig Materialien, die industriell gefertigt sind. Anders als bei Yang aber werden diese Materialien von Bonvicini semantisch konnotiert. So sind diese Materialien nicht nur lediglich formal eingesetzte ready mades und vermögen genau deswegen inhaltliche Aspekte, wie etwa die eingangs beschriebene hermetische Qualität des Kunstraums, auf den Punkt zu bringen. Genau dieses macht „3612. 54 m² vs 0,05 m³“ – der Titel übrigens setzt das Volumen des Raums und das des Körpers der Künstlerin in Beziehung – zu einer Arbeit, die überzeugend mehr will als nur mit vermeintlich ästhetischer Sinnlichkeit zu brillieren.

Mehr Texte von Raimar Stange

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Monica Bonvicini - 3612,54 m³ vs 0,05 m³
13.09.2017 - 26.02.2018

Berlinische Galerie
10969 Berlin, Alte Jakobstraße 124-128
Tel: +49-30-789 02 600, Fax: +49-30-789 02 700
Email: bg@berlinischegalerie.de
http://www.berlinischegalerie.de
Öffnungszeiten: Mo-Sa 12-20, So 10-18 h


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